Log #693: Flame Logbuch

Wenn Schubladen geöffnet werden

Während die Vorbereitungen für das erste Set unseres 2018er Kunstsymposions laufen, komme ich auch zum Thema "Der Geist des Transports" wesentliche Stücke voran. Und da jetzt vor allem zum Thema Steyr-Puch Haflinger.

log693a.jpg (25693 Byte)

Kürzlich hat mich Micky Tieber, Frontman der Alltagsklassiker, darauf hingewiesen, daß mein Haflinger-Buch in der aktuellen Autorevue angekündigt wurde. Ich sollte es also nun schreiben, damit in der Sache alles gut geht. Dabei helfen mir abschnittsweise jene Männer, die damals dabei waren, die einige jener Jobs gemacht haben, durch welche dieses außergewöhnlich Fahrzeug entstand. Als Ultra-Short Story käme die Geschichte des Haflingers so daher:

Ein mal Schweiz puls drei mal Zwei

Der Steyr-Puch Haflinger entstand, weil die Schweizer Armee ein Vehikel zur Unterstützung der Infanterie suchte, also ein Fahrzeug, das neben Fußsoldaten herfahren und dabei verschiedene Aufgaben übernehmen kann. Die Hafi-Basis aus dem Grazer Werk wurde in zwei Radstand-Varianten gebaut: kurz mit 1.500 und lang mit 1.800 Millimetern. Es gab den Hafi in zwei Versionen, mit Verdeck und mit fester (Polyester-) Kabine. Und es gab zwei Hafi-Generationen, die erste mit dem Tank rechts hinten, die zweite mit dem Tank links vorne (unter dem Fahrersitz). Punkt! Alles andere sind Variationen, welche auf dieses Fundament gesetzt wurden.

log693b.jpg (27272 Byte)

Nun hab ich von Heinz Ahlgrimm, vormals als Ingenieur im Versuch der Puchwerke tätig, Dokumente erhalten, die diese Geschichte illustrieren. Man beachte das Datum dieser Schweizer Werkszeichnung einer "Dichtung für Tragrohr und Vorderachsgehäuse". Ich denke momentan, das trifft vermutlich sogar die Woche, in welcher der Haflinger bei uns der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Von Ahlgrimm stammt übrigens auch jener dreichasige Haflinger, der eine Aufgabenstellung repräsentiert, die sich später noch ein paar Leute vornahmen. Ahlgrimm war freilich der Erste. Ein 6x6, was bedeutet, alle Achsen mit angetriebenen Rädern, außerdem die mittlere Achse so ausgeführt, daß die Räder in einem prozentuellen Verhältnis zu den Vorderrädern ebenfalls einlenken.

log693c.jpg (39347 Byte)

Der Ingenieur Heinz Ahlgrimm

So haben damals Menschen in der Industrie oft aus eigener Initiative manche Probleme bearbeitet und gelöst, deren Ergebnisse teils der Serienproduktion genutzt haben, teils auf dem Markt nie zur Anwendung kamen, welche aber in Summe die Kompetenzen in diesem Milieu erhöht haben, wo Menschen aus den verschiedenen Sektionen und Handwerksbereichen noch heute zusammengreifen, um Projekte zu realisieren.

Aufgaben suchen, Probleme lösen, Kompetenzen anheben. Das beruht bei den Männern, die ich inzwischen seit Jahren treffe, nicht auf einem Konzept, sondern auf individuellen Formen von Neugier, Wissensdurst und Tatendrang. Vieles, was dabei entsteht, bringt einen nicht in die Geschichtsbücher, sondern ist meist nur einer überschaubaren Szene von Liebhabern geläufig.

log693d.jpg (25796 Byte)

Der Ahlgrimm 6x6

Dabei beschäftigt mich nun seit Jahren, Eindrücke zu erlangen, wo die gemeinsamen Quellen liegen und wie sie aussehen; jene Quellen, aus denen Handwerker und Künstler gleichermaßen schöpfen, obwohl wir wissen, daß wir in verschiedenen Genres und Metiers tätig sind, daß wir uns mehrheitlich in den Intentionen und Zielsetzungen unterscheiden.

Und immer wieder: Abstraktionsvermögen. Wenn die Vorderräder in diesem Winkel einlenken, muß die hintere Garnitur in jenem Winkel geschwenkt werden, hat aber nur ab diesem Punkt einen optimalen Status, vorher nicht. Außerdem hat auch da das äußere Rad einen längeren Weg als das innere, aber wie sollst du das rein mechanisch lösen, wenn's einmal nach rechts und dann wieder nach links geht? Freilich ließe es sich machen, wenn ein Computer die Räder einzeln ansteuern würde, aber hier läuft es ohne EDV.

log693e.jpg (26570 Byte)

Der Ingenieur Manfred "Hasi" Haslinger

Auf diesem Foto sieht man Manfred "Hasi" Haslinger, vormals im Versuch der Puchwerke tätig, wie er mir so eine Kurve mit ihren Koordinaten zeichnet. Diese Männer sind mit Komplexitäten vertraut, wie sie mich auch für meine Arbeit faszinieren. Es wiegen dabei -- wie angedeutet -- bloß andere Intentionen, Inhalte und Ziele. Wir haben also wesentliche Schnittpunkte. Die Wege trennen sich dann hier zum Angewandten und da zum Symbolischen...

-- [Logbuch] [Das Haflinger-Projekt] [Mythos Puch V] --

+) Siehe dazu auch: "Markante Linienführung"
    (Wer ist der Designer des Steyr-Puch Haflinger?)


coreresethome
37•18