Log #693: Flame Logbuch Wenn Schubladen geöffnet werden
Während die Vorbereitungen für das erste Set
unseres 2018er
Kunstsymposions laufen, komme ich auch zum Thema "Der Geist des
Transports" wesentliche Stücke voran. Und da jetzt vor allem zum Thema Steyr-Puch
Haflinger.
Kürzlich hat mich Micky Tieber, Frontman der Alltagsklassiker,
darauf hingewiesen, daß mein Haflinger-Buch in der aktuellen Autorevue
angekündigt wurde. Ich sollte es also nun schreiben, damit in der Sache alles gut geht.
Dabei helfen mir abschnittsweise jene Männer, die damals dabei waren, die einige jener
Jobs gemacht haben, durch welche dieses außergewöhnlich Fahrzeug entstand. Als
Ultra-Short Story käme die Geschichte des Haflingers so daher:
Ein mal Schweiz puls drei mal Zwei
Der Steyr-Puch Haflinger entstand, weil die
Schweizer Armee ein Vehikel zur Unterstützung der Infanterie suchte, also ein Fahrzeug,
das neben Fußsoldaten herfahren und dabei verschiedene Aufgaben übernehmen kann. Die Hafi-Basis
aus dem Grazer Werk wurde in zwei Radstand-Varianten gebaut: kurz mit 1.500 und lang mit
1.800 Millimetern. Es gab den Hafi in zwei Versionen, mit Verdeck und mit fester
(Polyester-) Kabine. Und es gab zwei Hafi-Generationen, die erste mit dem Tank
rechts hinten, die zweite mit dem Tank links vorne (unter dem Fahrersitz). Punkt! Alles
andere sind Variationen, welche auf dieses Fundament gesetzt wurden.
Nun hab ich von Heinz Ahlgrimm, vormals als Ingenieur im
Versuch der Puchwerke tätig, Dokumente erhalten, die diese Geschichte
illustrieren. Man beachte das Datum dieser Schweizer Werkszeichnung einer "Dichtung
für Tragrohr und Vorderachsgehäuse". Ich denke momentan, das trifft vermutlich
sogar die Woche, in welcher der Haflinger bei uns der Öffentlichkeit
präsentiert wurde.
Von Ahlgrimm stammt übrigens auch jener dreichasige Haflinger,
der eine Aufgabenstellung repräsentiert, die sich später noch ein paar Leute vornahmen.
Ahlgrimm war freilich der Erste. Ein 6x6, was bedeutet, alle Achsen mit angetriebenen
Rädern, außerdem die mittlere Achse so ausgeführt, daß die Räder in einem
prozentuellen Verhältnis zu den Vorderrädern ebenfalls einlenken.
Der Ingenieur Heinz Ahlgrimm
So haben damals Menschen in der Industrie oft
aus eigener Initiative manche Probleme bearbeitet und gelöst, deren Ergebnisse teils der
Serienproduktion genutzt haben, teils auf dem Markt nie zur Anwendung kamen, welche aber
in Summe die Kompetenzen in diesem Milieu erhöht haben, wo Menschen aus den verschiedenen
Sektionen und Handwerksbereichen noch heute zusammengreifen, um Projekte zu realisieren.
Aufgaben suchen, Probleme lösen, Kompetenzen
anheben. Das beruht bei den Männern, die ich inzwischen seit Jahren treffe, nicht auf
einem Konzept, sondern auf individuellen Formen von Neugier, Wissensdurst und Tatendrang.
Vieles, was dabei entsteht, bringt einen nicht in die Geschichtsbücher, sondern ist meist
nur einer überschaubaren Szene von Liebhabern geläufig.
Der Ahlgrimm 6x6
Dabei beschäftigt mich nun seit Jahren,
Eindrücke zu erlangen, wo die gemeinsamen Quellen liegen und wie sie aussehen; jene
Quellen, aus denen Handwerker und Künstler gleichermaßen schöpfen, obwohl wir wissen,
daß wir in verschiedenen Genres und Metiers tätig sind, daß wir uns mehrheitlich in den
Intentionen und Zielsetzungen unterscheiden.
Und immer wieder: Abstraktionsvermögen.
Wenn die Vorderräder in diesem Winkel einlenken, muß die hintere Garnitur in jenem
Winkel geschwenkt werden, hat aber nur ab diesem Punkt einen optimalen Status, vorher
nicht. Außerdem hat auch da das äußere Rad einen längeren Weg als das innere, aber wie
sollst du das rein mechanisch lösen, wenn's einmal nach rechts und dann wieder nach links
geht? Freilich ließe es sich machen, wenn ein Computer die Räder einzeln ansteuern
würde, aber hier läuft es ohne EDV.
Der Ingenieur Manfred
"Hasi" Haslinger
Auf diesem Foto sieht man Manfred
"Hasi" Haslinger, vormals im Versuch der Puchwerke tätig, wie er mir
so eine Kurve mit ihren Koordinaten zeichnet. Diese Männer sind mit Komplexitäten
vertraut, wie sie mich auch für meine Arbeit faszinieren. Es wiegen dabei -- wie
angedeutet -- bloß andere Intentionen, Inhalte und Ziele. Wir haben also wesentliche
Schnittpunkte. Die Wege trennen sich dann hier zum Angewandten und da zum Symbolischen...
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+) Siehe dazu auch: "Markante Linienführung"
(Wer ist der Designer des Steyr-Puch Haflinger?)
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