Log #680: Ich bin eine Geschichte

Wer und wo sind wir?
Wie läßt sich klären, wo die Schwerpunkte eines Projektes liegen sollen? Dieses Projekt "Ich bin eine Geschichte" setzt bewußt auf Selbstdarstellung. Selbstdarstellung hängt von Interessenslagen ab. Dabei wäre die Option der Verklärung nicht ausgeschlossen, denn es muß jedem Menschen freistehen, wie er sich der Welt zeigen möchte. Im Gegenzug dürfen seine Gegenüber beim Betrachten ganz der eigenen Lesart folgen. Es ist das vertraute Spannungsfeld zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. (Das sind Überlegungen, die sich übrigens auch auf den Umgang mit Kunstwerken ganz gut anwenden lasen.)

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Projekt-Cover von Martin Krusche

Unser Vorhaben soll nicht in Redundanz das reproduzieren, was in der Region ohnehin schon gemacht wird. Es soll daher im Kontrast zu laufenden Vorhaben stehen, um darin zusätzliche Blickwinkel zu eröffnen und den Menschen überdies zusätzliche Handlungsmölichkeiten anzubieten.

Darin liegt ein wesentlicher Aspekt regionaler Bildungs- und Kulturarbeit. Was nun das Bild der Region sei, wird ganz wesentlich von regionalen Printmedien geprägt, ergänzt durch deren Bildergalerien im Internet. Dabei dominieren Online-Pakete, die uns Bilderfluten andienen, bei denen überwiegend auf Bildunterschriften verzichtet wird, weshalb man beim Betrachten meist nicht erfährt, was oder wen man sieht. Eine kuriose Entwicklung, in der Sichtbarkeit über den Rest gestellt wird.

Ein Fotowettbewerb funktioniert da völlig anders, ereignet sich mit vorgegebenen Themenstellungen. Anfang Juli kam nun eine "Herzliche Einladung zum preisgekrönten Abschluss unserer Photodays 2018". Das Projekt erlebte heuer seine zweite Veranstaltung: "Nach dem großen Erfolg im letzten Jahr werden die 'Photo Days' auch 2018 wieder durchgeführt - dieses Mal in der Energieregion Weiz-Gleisdorf und dem Almenland. Somit wird das Zusammenwachsen der beiden Regionen auch fotografisch festgehalten. Die Sieger erwarten tolle Preise im Gesamtwert von rund 6.000 Euro."

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(c) Andreas Lehofer

Dazu betonte Christoph Stark, NAbg. und Sprecher der beiden Regionen: „Heuer sind in beiden Regionen die Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen, bei den Photo Days mitzumachen. Dieses Projekt macht auch unser Zusammenwachsen der beiden Regionen deutlich. Natürlich macht es Sinn der Zwei-Marken-Strategie treu zu bleiben, da im Hintergrund wichtige Themen verankert sind, jedoch können wir Schritt für Schritt unsere Gemeinsamkeiten gut ins ‚Bild‘ rücken.“

Dabei wurde der Modus erweitert: "Neu ist in diesem Jahr auch der Bewerb, der es Profi-FotografInnen erlaubt, einzelne Themen bildhaft 'in Szene zu setzen'. Gekürt wird der/die SiegerIn durch ein Online-Voting der LeserInnen auf der Homepage der WOCHE.“

+) Die Projekt-Website
+) Die Fotogalerie 2017

Der genannten Aussendung waren drei Preisträger-Fotos aus dem Jahr 2017 beigefügt, die ich hier zur Anschauung eingebaut habe.

Das ist für unser Projekt sehr anregend, weil es einen Kontrast ergibt, einen Teil des möglichen Erzählraumes absteckt, den wir somit als betreut ansehen dürfen.

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(c) Christian Reithofer

Die drei ausgewählten Fotos machen etwas deutlich, was eventuell als dominantes Muster auffindbar ist. Sie lassen uns völlig im Unklaren, wo diese Fotos entstanden sein könnten. Sie sind also universell einsetzbar, weil sie nicht erkennen lassen, für welche Region sie stehen.

Dazu kommt die bewährte Motivwahl. Beispielsweise in der Kombination von schöner Natur, netten Tieren und kleinen Kindern, wobei sich hier sogar die Technologie (Solarpanele) über das Wolkenbild quasi als natürlich ereignet.

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(c) Erich Suppan

Sieht man sich die ganze Galerie genauer durch, fällt auf, daß die meisten Beiträge ästhetisch/konzeptionell an gängiger Werbefotografie orientiert sind. Das legt zwei Vermutungen nahe:
1) Hier schlägt sich eine ästhetische Konvention nieder. Viele Menschen bevorzugen es,
    ihren Lebensraum in solchen Motiven dargestellt zu sehen.
2) Hier zeigt sich, daß es populäre Annahmen darüber gibt, welche Arbeiten die
    auslobende Instanz und deren Jury bevorzugen wird.

Es fällt ebenso auf, daß man der auslobenden Instanz jeglichen Verismo weitgehend erspart. Ich wage zu behaupten, daß in diesem gesamten 2017er Konvolut eigentlich nicht der Region auf die Spur gegangen wurde, sondern sich eine Schau visueller Vorlieben der Einreichenden ergeben hat. Das ist kulturell interessant.

Es ergibt sich freilich auch aus den Themenstellungen, die kaum sozialgeschichtliche Zugänge empfehlen, sich mit vorfindbaren Lebenswelten nur eher bedingt verknüpfen lassen. Thema 1: Energieeffizient wohnen, Thema 2: (Grüne) Arbeitswelt, Thema 3: Den Klimawandel im Auge, Thema 4: Landwirtschaf(f)t, Thema 5: Volle Energieregion, Thema 6: Elektrisch unterwegs, Thema 7: HIER blühe ich.

Wenn wir also in einer per Medien generierten Öffentlichkeit klären wollen, wer und wo wir sind, sollte sich unterstreichen lassen, was dabei eine Kulturarbeit leisten kann, die sich in ihren Ergebnissen weder an der Werbebranche, noch an der Unterhaltungsindustrie orientiert, die auch keiner Form von regionale PR-Arbeit verpflichtet ist.

Das ist unausweichlich und wie schon angedeutet, komplementär. Es kann nicht gegen die anderen Bezugssysteme aufgestellt sein, sondern nur mit ihnen, entsprechend den realen Kräfteverhältnissen in unserer Mediensituation. Genau in der Sichtbarkeit beider Optionen mag dann eine Auffassung deutlich werden, welche Vorstellungen wir von uns selbst haben und wie wir von außen wahrgenommen werden möchten.

-- [Ich bin eine Geschichte] --


coreresethome
27•18