Log #666: Ich bin eine Geschichte Eine exponierte Lage auf einem Berg von
Ablagerungen mitten zwischen Vulkankegeln. Man kann heute noch die Reste der Wehranlagen
besichtigen, in die sich Menschen vor Feinden zurückziehen mußten. Der Ort Straden
offenbart erst, wenn man ihn betreten hat, eine Reihe stattlicher Sakral- und
Profanbauten, die erahnen lassen, daß hier einst gut situierte Leute gewirtschaftet
haben.
Ich hatte auf einen hohen Landesbeamten
getippt, denn eine wichtige Handelsroute gab es hier wohl nicht. Dafür war das einst eine
zu starke bedrohte Region. Was seit 1188 als Pfarre in den Geschichtsbüchern vermerkt
ist, war bis zur Bauernbefreiung von 1848 auch ein Sitz des Landesgerichts. Ich erwähne
das so ausführlich, weil die Historiker Karl Kaser und Karl Stocker diesen markanten
Punkt -- den Stradener Kogel -- innerhalb einer ausführlicheren Beschreibung als eine
südliche Markierung nennen, bis zu der ursprünglich von der Oststeiermark zu
reden war. Sie haben das mit einem interessanten Argument begründet: "Wir gaben
sofort dem agrarischen Produktionsgebiet den Vorzug vor dem geographischen Gebiet, denn
Eigenarten bäuerlicher Tätigkeit müssen für eine Region viel prägender gewesen sein
als geomorphologisch-geographische Einheiten.
Blickt man nach Norden, sind vor allem Wechsel
und Fischbacher Alpen wichtige Markierungen, die uns bei einer Vorstellung von der
Oststeiermark nützlich werden. Im Westen die Teichalm und der Schöckl. Nach Osten hin
ergibt sich durch die Landesgrenze zwischen der Steiermark und dem Burgenland eine klar
definierte Kontur.
Die Bezirkshauptstadt Weiz liegt zwischen
Norden und Süden etwa in der Mitte dieses Gebietes, nahe dem westlichen Rand, am Fluß
Raab. Rund 15 Kilometer südlich davon das verkehrstechnisch äußerst bevorzugte
Gleisdorf, ungefähr auf halbem Weg dazwischen St. Ruprecht an der Raab, das zu den
ältesten steirischen Orten gehört.
Damit ist jener Raum skizziert, in dem sich
Gemeinden unter anderem als EU Leader- Region formiert haben: Die Energie-Region
Weiz-Gleisdorf, welche im Zuge steirischer Landesreformen heute eng mit der Leader-Region
Almenland zusammenarbeitet. Innerhalb dieses Gefüges bildet die Kleinregion
Gleisdorf eine spezielle Organisationsform.
Soweit die Skizze jenes Gebietes, in dem sich
das Projekt "Dorf 4.0" nun seit einigen Jahren entfaltet; und zwar
gestützt auf eine Begleitung durch die Bürgermeister Werner Höfler (Hofstätten an der
Raab), Peter Moser (Ludersdorf-Wilfersdorf) und Robert Schmierdorfer (Albersdorf-Prebuch),
die a) untereinander und b) mit uns in einem längerfristgen Prozeß kooperieren.
Wenn wir nun auf dem Weg zum 2018er Kunstsymposion
und darüber hinaus beginnen, verschiedene Eindrücke, Erinnerungen und Momente der
Menschen zu sammeln, dann ist das auf die drei genannten Orte konzentriert, aber nicht
beschränkt. Die Gemeinden Albersdorf-Prebuch, Hofstätten an der Raab und
Ludersdorf-Wilfersdorf ergeben also den primären Projektraum, doch die
Erzählung, an der uns liegt, meint die gesamte Steiermark, was selbst Querverweise auf
die historische Untersteiermark einbeziehen muß.
Der Blick auf das 20. Jahrhundert soll bei der
Orientierung für die nahe Zukunft nützen. Das Projekt ist an dem Prinzipien einer Oral
History orientiert und verzahnt diese von den Einheimischen erzählten Geschichten
mit einigen Aspekten der Geschichtsschreibung, soweit uns das bei der Verdeutlichung des
gesamten Bildes nützt.
Auch darin wird sich übrigens zeigen, was wir
derzeit bei Kultur.at als einen Themenschwerpunkt bearbeiten: Ein Bündel an
Querverbindungen zwischen Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Ich greife ein
Beispiel heraus, das zu den außergewöhnlichen Motiven bei den Fahrten durch die
Oststeiermark gehört.
Die Apostel Paulus und Petrus an der
gußeisernen Tür der Kirche von Bad Gleichenberg, südlich von Feldbach. Eine
Ikonographie, wie sie schließlich auch in der Popkultur auftaucht, an einem Werkstück
aus dem Ort Gußwerk bei Mariazell, so mit unserer Industriegeschichte verknüpft. Eine
markante Bildersprache, die sich einst an die Volksfrömmigkeit wandte, unter anderem, um
zu demonstrieren, wo die Deutungshoheit zuhause ist.
Die ganze Region ist reich an sehenswerten
Baudenkmälern mit reichhaltigem historischem Inventar, an Klein- und Flurdenkmälern,
deren Erscheinungsformen uns zeigen, welche Themen und Darstellungsweisen durch die
Jahrhunderte Bedeutung erlangten. Deshalb hier auch die Schnittstelle zum Projektauftakt
von "Wegmarken"
(Ein kulturelles Zeichensystem). Diese Vorhaben gehören zusammen...
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