Log #639: Mythos Puch Extrapositionen
Mein jüngster Besuch bei Altmeister Fredi
Thaler brachte mir ein kurioses Präsent ein. Er schenkte mir einen stilisierten Panzer,
der aus bloß wenigen Teilen besteht. Das Stück ist von Hand bemalt und so schwer, daß
man damit Nägel einschlagen könnte.
Das ergibt die zweite Querverbindung zum
kommenden Thema von Mythos Puch, zur ersten siehe: [link] Hier also
Gleiskettenfahrzeuge, die sind ein spezielles Segment des Genres "Zugkraft und
Ladekapazität". Dieses Präsent verweist aber nicht bloß auf die spezielle
Fahrzeugklasse.
Nimmt man die Kanone wieder weg, bleibt ein Ketten-Endverbinder,
das originale Segment der Gleiskette eines Panzers, mit dem die einzelnen Glieder
der Kette verbunden werden. Der Endverbinder gibt dem Kettentyp seinen Namen: Verbinderkette.
Thaler erzähle mir, er habe dieses Objekt
seinerzeit in einer Panzerkaserne geschenkt bekommen, als er dort einen Job zu erledigen
hatte. Seien Arbeit im Kundendienst handelte oft davon, daß er Probleme lösen mußte,
die sich an jungen Serienprodukten gezeigt haben.
Man könnte derlei Exponate Bastelarbeiten
nennen. Ich denke aber, dieses Wort greift zu kurz. Der stilisierte Panzer ist ein kleiner
Beleg dafür, daß Menschen sich bei ihrer Arbeit nicht bloß der Lösung praktischer
Aufgaben widmen möchten. Wer im Handwerklichen ständig mit dem Problemlösen befaßt
ist, das intellektuell schaffen muß, es dann aber auch mit Handfertigkeit umzusetzen hat,
übt sich ständig in kognitiven Prozessen und Fähigkeiten, die ganz offensichtlich mehr
Auslauf haben möchten.
Dieses Objekt illustriert etwas, das in der
Kunst ganz unverzichtbar ist. Symbolisches Denken. Abstraktionsvermögen. Hier
ist übrigens mehrfach Analogie gegeben, in Form und in Funktion. Einerseits
kommt es in der Form des ursprünglichen Stückes einer Panzersilhouette nahe, andrerseits
ist es in seiner Funktion die reale Komponente eines Panzers.
Das ergab ein Spiel mit Formen und
Bedeutungen, wie schon erwähnt: aus der Werkstatt einer Panzerkaserne. Ein anderes
Beispiel, für das ein Hackler Material, Werkzeug und Fähigkeiten aus seinen
rein beruflichen Aufgabenstellungen heraufgeführt hat, ist dieses Blech mit dem Bild
eines Mercedes-Benz G 63 AMG, wie ich ihn im vorhin erwähnten Beitrag behandelt
hab.
Einfallsreichtum und Handfertigkeit sowie das
Bestreben nach einer "schönen Lösung" sind offenbar Eigenschaften, die
Grenzenlosigkeit verlangen, die nicht bloß an zweckrationale Zusammenhänge gebunden sein
möchten. Ich erwähne das, weil mich schon eine Weile beschäftigt, auf welche Arten sich
Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst berühren. Ich
bewege mich hier noch auf dem Terrain einer Volkskultur in der technischen Welt.
Ein weiteres Beispiel für solche Arbeiten
sehen Sie unten, kaum größer als eine Zwei Euro-Münze. Während oben Schweißnähte das
Motiv formen, kam hier eine teure Maschine mit Laser-Technologie zum Einsatz. Das ist
alles noch deutliches Abbilden der Welt mit der nötigen Beherrschung solcher Werkzeuge
und mit einem indiviuellen Gestaltungskonzept.
Da dieser 500er im September 1957 auf den
Markt gekommen ist, war heuer das 60 Jahr-Jubiläum zu feiern. Dazu wurde in kleiner
Auflage eine ähnliche Plakette aufgelegt, welche auf dem nächsten Foto zu sehen ist. Die
entstand auch per Lasertechnologie. Deren Vorlage ist ein historisches Original, ein
Klischee der Steyr-Daimler-Puch AG, das damals für die Werbung ausgegeben wurde.
(Also erneut in der Sache ein tieferer Bedeutungszusammenhang.)
An diesem Beispiel wird anschaulich, wie so
eine Arbeit im Kontrast zum Werk eines Profi-Graphikers steht. Ee ist eine vergleichbar
rohe Skizze, die noch nicht in den Rang von Kunsthandwerk reicht, was auch die angebrachte
Schrift illustriert.
Dagegen ist die kleine Arbeit darüber
deutlich feiner gearbeitet. Ich werde bei anderer Gelegenheit noch zeigen, wie das hier
thematisierte Bedürfnis nach einem Gestalten der Dinge außerhalb der beruflichen
Pflichten sich in ganz verschiedenen Qualitätsstufen manifestiert. Damit meine ich, daß
die Freude an derlei Betätigung erst einmal völlig unabhängig von der erreichbaren
Qualität der Objekte zur Wirkung kommt.
Mich fasziniert diese enge Verknüpfung
solcher Ambitionen mit der Berufswelt, wo Menschen dieses Gestaltungsbedürfnis nicht zu
einem eigenen Beruf machen, was übrigens auch gelegentlich vorkommt..
-- [Volkskultur] [Mythos Puch V] --
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