Log #635: Mythos Puch

Als wir Mythos Puch IV vorbereitet haben, war diese Station zwei wesentlichen Aspekten gewidmet, die zwar aktiv gelebt, aber vom Feuilleton bisher eher nicht beachtet werden. Das meint die Volkskultur in der technischen Welt und eine Auffassung von der Ehre des Handwerks.

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Beides finden Sie in einer Publikation im Austria-Forum kurz thematisiert. "Mythos Puch. 60 Jahre Steyr-Puch 500" erschien mit Bezug auf jenes heute als Standardwerk geltende Buch von Hermann Bausinger mit eben dem Titel: "Volkskultur in der technischen Welt", erstmals erschienen 1961.

Als ich mit Bürgermeister Werner Höfler übereingekommen war, "Mythos Puch IV" im neuen Gemeindezentrum Hofstätten zu realisieren, war diese Gemeinde das passende Terrain für den volkskulturellen Zusammenhang, der vielen Menschen auf Anhieb noch nicht einleuchtet.

Wie sich das an der regionalen Sammler- und Schrauberszene mit ihren alljährlichen Festen und Ausfahrten festmachen läßt, dürfte inzwischen klar geworden sein. Doch Hofstätten an der Raab ist auch in einem anderen volkskulturellen Zusammenhang mit passenden Beispielen versehen.

Da geht es um vielfältige Flur- und Kleindenkmäler, die gleich mehrere thematische Verbindungen zeigen. Viele diser Denkmäler sind Wegzeichen, stehen an Straßenrändern, sind also Teil dieser Strukturen unserer Mobilität. Sie repräsentieren nicht bloß religiöse Inhalte, sondern erzählen auch Lokal- bzw. Regionalgeschichte.

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Außerdem sind die Wegkreuze, Bildstöcke, Kapellen etc. bis in die Gegenwart die Angelpunkte eines sozialen Geschehens, das in den Gemeinden insgesamt merklich weniger geworden ist. Etliche der Marterln, die man finden kann, haben den Charakter von Votivgaben. Sie erinnern an Unglücksfälle und sind entweder eine Reaktion auf ein Davonkommen, eine Errettung, oder erinnern an die Opfer eines Unglücks. (Das schließt natürlich die ganze thematische Spannweite von Fuhrwerken bis zu Automobilen ein.)

Daß die Welt der Kraftfahrzeuge auch eine Welt der Volkskultur ist,. leuchtet vielen Menschen noch nicht ein, obwohl sich die Wissenschaft erkennbar seit den 1950er Jahren damit befaßt, also seit jener Zeit, da die Volksmotorisierung breit eingesetzt hat.

Das ist ja auch ein Aspekt der noch laufenden Ausstellung in Hofstätten an der Raab. Vor 60 Jahren ging das los, davor waren schon Motorräder teure Anschaffungen, die sich nur wenige Leute leisten konnten, von Autos ganz zu schweigen.

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In den Vorbereitungen zu unserem heurigen Projekt waren allerhand Quellen durchzusehen, um unseren Arbeitsansatz zu untermauern. Die Österreichische Zeitschrift für Volkskunde brachte im Band 73 vom Jahr 1970 einen Beitrag von Linde Schuller, den sie Zur „Volkskunde des Autos“ nannte und mit dem Zitat "Hic Rhodus, hic salta!" einleitete.

Das erscheint mir aufschlußreich. Sie hat also „Volkskunde des Autos“ vorsichtshalber zwischen Gänsefüßchen gestellt, mutmaßlich, um sich gegen fachliche Einwände zu wappnen. Und sie wollte mit dem Zitat aus Äsops Fabel „Der Fünfkämpfer als Prahlhans“ offenbar andeuten, daß erst einmal bewiesen werden möge, wie Volkskultur und Automobile zusammengingen.

Das lateinische "Hic Rhodus, hic salta!" bedeutet wörtlich übersetzt "Hier ist Rhodos, hier springe!" und meint: Jetzt beweise, was du kannst! Ich zitiere eine Passage aus Schullers Text, um anschaulich zu machen, wie die Wissenschaft diese Zusammenhänge behandelt:

Ein Hufeisen an der Kühlerhaube ist grundsätzlich nichts anderes als eines über der Haustür. Man mag über die Begriffe Tradition, Brauch, „Kind im Manne“ , Aberglauben, Schmuck, Erinnerung, Gewohnheit usw. richten; man kann auch darüber streiten, ob Maskotten, Amulette, Talismane, Kultgegenstände und Reliquien ihre Berechtigung aus der gleichen Schicht des menschlichen Seelenlebens ableiten. Man kann sich fragen, ob sie entweder einer echten Religiosität abträglich sind, oder sie - zweitens - gar nicht berühren, oder aber drittens Ausdruck einer Differenziertheit und Toleranz sein können, die manche Formen der Frömmigkeit erst möglich machen. (Linde Schuller)

 

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Zeichensysteme, aktuelles Brauchtum, Zeit- und Sozialgeschichte. Dazu eine ergänzende Projektarbeit, denn die Menschen in der Region sind in ihrem (volks-) kulturellen Engagement auf keine Zurufe von außen angewiesen. Wir haben nun einen praktikablen Ansatz für eine komplementäre Form der Wissens- und Kulturarbeit, die dort anknüpft, wo Ansässige schon über Jahre ein bemerkenswertes Engagement zeigen.

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Diesen Zugang hat nun auch die steirische Abteilung für Volkskultur gewürdigt und ein EU Kleinprojekt (LEADER) befürwortet, mit dem unsere Arbeit unterstützt wird. Wir sehen uns also bestärkt, diese offenbar noch etwas gewöhnungsbedürftige Themenstellung weiter zu entwickeln.

--  [Dorf 4.0] [Mythos Puch IV] --

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