Log #631: Mythos Puch Die prozeßhafte Wissens- und Kulturarbeit, wo
sie sich über Jahre entfalten darf, läßt uns Themen sehr gründlich erschließen.
Diesmal hat Mythos Puch IV durch zweierlei Details ganz unmittelbar das Thema
für 2018 ergeben: Mythos Puch V. Zugkraft und Ladekapazität [link] Einer der Anlässe
für diese Themenstellung ist Sigi Spreitzenhofer, der sein Puch-Schammerl in die
Ausstellung im Gemeindezentrum Hofstätten gefahren hatte.
Sigi Spreitzenhofer und Werner
Höfler
Spreitzenhofer, hier im Vordergrund neben
Bürgermeister Werner Höfler, war ursprünglich Berufskraftfahrer und hat mir unter
anderem erzählt, daß er mit seinem Steyr-LKW der Plus-Serie eine
Million Kilometer gemacht habe. Siehe dazu das Blatt in der 2017er Dokumentation: [link] Dort ist
schon erwähnt, daß Tom Kada, der LKW restauriert und sammelt, mir dieses Potential
bestätigt hat.
Inzwischen habe ich einen weiteren
interessanten Hinweis auf solche Leistungen erhalten. Norbert Gall, heute Brand Manager von Toyota Austria, war
davor für LKW von DAF zuständig. Er erzählte mir von einem Kärntner
Frächter, der ebenfalls so einen Millionen-Kilometer-LKW besitzt. Das wäre im Prinzip
auch heute noch möglich, sagt Gall, aber die laufend neuen Bestimmungen bezüglich der
Abgaswerte von Motoren stünden dem entgegen.
Herbert Weishaupt (links) im
Gespräch mit Hermann Maurer
Zu den Gästen des Abends gehörte Verleger
Herbert Weishaupt, hier im Gespräch mit Wissenschafter Hermann Maurer, mit dem ich am
Projekt "Mensch und
Maschine" arbeite. Weishaupt hatte eine zu Mythos Puch vorzüglich
passende Neuerscheinung mitgebracht: "PUCH. Werk II
– im Wandel der Zeit Eine steirische Industriegeschichte" von Erich Mayer.
Mayer ist ein versierter Insider. Er war ab
1985 im Puchwerk tätig und beschloß seine Erwerbstätigkeit als
Personaldirektor bei Magna Steyr, um sich heute ehrenamtlich für das Thema zu
engagieren. Er hat jüngst bei der offiziellen Jubiläumsfeier zu "60 Jahre
Steyr-Puch 500" die Werksgeschichte vorgetragen, denn Thondorf steht heuer seit
75 Jahren.
Erich Mayer (rechts) neben Direktor
Wolfgang Zitz von Manga Steyr
Mayers Buch schließt eine Lücke, die der
erfahrene Martin Pfundner offengelassen hat. Pfundners Buch "Austro Daimler und
Steyr. Rivalen bis zur Fusion" (Böhlau) verrät im Untertitel den Schwerpunkt: "Die
frühen Jahre des Ferdinand Porsche".
In dieser Darstellung geht es dann nicht ohne
Hans Ledwinka, der als Konstrukteur und Erfinder zu Porsche gewissermaßen in Konkurrenz
stand. Klar, daß Johann Puch dabei keine exponierte Rolle spielt, denn genau das, ein
wesentlicher Konstrukteur, war er nicht. Als vorzüglicher Handwerker verstand er viel von
dieser Materie, war dann aber vor allem ein vorzüglicher Kaufmann und PR-Experte.
In den frühen Jahren des Automobils hat man
sich stets bei der Konkurrenz umgesehen, manches abgekupfert, aber auch taugliche
Fahrzeuge anderer Hersteller vertrieben, um das eigene Geschäft voranzubringen.
Mulag-LKW aus einem Puch-Prospekt
Mayer zeigt in seinem Buch auf Seite 22 ein
Beispiel dafür, einen LKW der deutschen Mannesmann-Mulag. (Diese
Katalog-Graphik, die ich auch im Archiv habe, ist mit Trautmann Dresden
signiert.) Die Konstruktion steht in ihrer Kargheit noch ganz nahe am offiziell ersten LKW
unserer Geschichte, dem Daimler aus Cannstatt; siehe: [link]
Es blieb nicht lange so minimalistisch. Unten
sehen Sie einen weiterer Mulag-LKW aus dem Puch-Sortiment, hier ein
Leiterwagen der Feuerwehr. Als Altmeister Johann Puch 1914 starb, waren etliche solcher
Fahrzeuge als sogenannte Subventionslastwagen auf unseren Straßen unterwegs. Das
bedeutet, der Staat investierte in den privaten Ankauf von Firmen-Lastwagen. Die
Unternehmer wurden also subventioniert, mußten sich dafür aber verpflichten, die Vehikel
im Kriegsfall der Armee zu überlassen.
Mulag-LKW aus einem Puch-Prospekt
Dieser Fall trat bald ein, das kaiserliche
Österreich versuchte einige innenpolitische Probleme mit einer Aggression gegen Serbien
zu lösen, war aber nicht in der Lage, diesen Krieg zeitlich und regional einzugrenzen. In
einer quasi Kettenreaktion von problematischen Entscheidungen vieler europäischer
Politiker entbrannte aus dieser Aggression der Große Krieg. Naheliegend, daß
die LKW-Branche daraus enorme Entwicklungsschübe bezog.
Wäre im Augenblick noch zu erwähnen, daß
bei Mulag-Mannesmann einige Zeit der herausragende Ingenieur Karl Slevogt tätig
war, dessen Name auch mit dem einstigen Giganten Laurin & Klement verbunden
ist und der schließlich auch für Johann Puch gearbeitet hat. Hier eine detailreiche
Slevogt-Geschichte: [link]
Der Mann konstruierte nicht bloß Autos, er
fuhr sie auch leidenschaftlich, oft viel zu schnell, wofür er sich in Graz vor Gericht
verantworten mußte. Siehe dazu: "Puch am Berg" im Austria-Forum!
So sehen Sie vielleicht, wie sich langsam
unser Hofstättener Themenschwerpunkt "Vom Pferd zum Sattelschlepper"
für das Projekt "Dorf 4.0" rundet, um nach einer ersten
Projektphase dann 2018 in eine ausführlichere Darstellung zu kommen.
-- [Mythos Puch V] --
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