log #600: KunstsymposionDa
ist eine Markierung zu setzen, die sich gut für das Blatt #600 in diesem Projektlogbuch
eignet. Das 2017er Jahr ist Bezugspunkt eines Zeitfensters, in dem sich allerhand rundet.
Was ich in der Befassung damit bisher ganz übersehen hab: 1977, also vor 40 Jahren, fiel
mein Entschluß, meine Anstellung als Buchhändler aufzugeben und ab da als Künstler zu
leben.
Der Entschluß war im Herbst 77 gefallen, denn noch im Sommer hatte ich einen Kredit
aufgenommen, um mir ein neues Motorrad [link] zu
kaufen. Die Unterlagen dazu sind, wie ich eben herausfand, noch erhalten. Der Kaufvertrag
nennt als meine damalge Adresse die Grazer Schönaugasse 64. Ein Terrain, wo zur
vorherigen Jahrhundertwende Fahrzeuge gebaut wurden. (Auf Nummer 48 hatte zum Beispiel
Benedict Albl, kurze Zeit Dienstherr von Joahann Puch, einen Betrieb gehabt.)
Seit Monaten bemühe ich mich darum, Dinge loszuwerden, denn es ist von allem längst
zu viel da. Ich habe nicht vor, in eine Halle umzuziehen, also nehme ich unzählige
Gegenstände in die Hand, um zu entscheiden, ob sie fällig sind.
So kam mir dieser kleine Katalog unter, mit dem es eine besondere Bewandtnis hat. Mein
Vater hatte zwei Freunde, die er gerne besuchte, wodurch in meinen Kindertagen Eindrücke
vom Künstlerdasein entstanden, die möglicherweise bis heute Wirkung zeigen.
Meine Erinnerung besagt, "Der Loisl" wohnte sehr bescheiden in der
Grazer Moserhofgasse, der Edwin in einem aufgelassenen Pfarrhof von großer
Weitläufigkeit. Den Dichter Alois Hergouth habe ich als sehr stillen Mann mit dicken
Brillen und markantem Backenbart in Erinnerung. Er zählt zu den Gründern des Forum
Stadtpark.
Der Maler Edwin Eder war ungleich gesprächiger und von einer eigentümlichen
Gewandtheit. Er wurde nie müde, mir Fragen zu beantworten. Die kamen mir endlos in den
Sinn, wenn ich mich in seinem geräumigen Atelier umsah, denn Eder hatte sich in den
Techniken und Verfahrensweisen keinerlei Grenzen auferlegt.
Es war die gleiche Magie, die ich von meinem Großvater Richard, dem Steinmetz, kannte,
der dem Stein und dem Holz mit Meißeln und Messern seine Vorstellungen aufzwingen konnte.
Eders Zuhause war mir eine Wunderkammer an diesem stillen Platz, zu dem man
ein steiles Wegstück erklimmen mußte. Ich wollte alles, was mir da unterkam, genau
wissen. Das beinhaltete auch so dringende Angelegenheiten wie den Umstand, daß es in
meinem Malkasten keinen Knopf mit Wasserfarbe für Menschenhaut gab und ich mir von Eder
erklären ließ, wie man solche Farbtöne mischt.
Im Juni 77 also der Kredit, für den ich auf ein regelmäßiges Einkommen angewiesen
war. Eder hatte mir unmißverständlich klar gemacht, daß ich damit am wenigsten rechnen
durfte, wenn ich mich für den Weg in die Kunst entschied. Aber er riet mir nicht davon
ab.
Den Katalog gab er mir mit auf den Weg. Meine Eltern versuchten damals nicht mehr, ihre
Einwände geltend zu machen und ich legte mit vollkommen unrealistischen, sehr
romantischen Vorstellungen los. Darin war eine Art von Starrköpfigeit wirksam, die mich
in diesen Dingen nie verlassen hat.
-- [40 Jahre im Zeitfenster] [2017er Kunstsymposion] --