log #596: Fiat Lux IIIDas
Projekt hat nun seinen dritten Abschnitt erreicht. Der Themenbogen unter den Genres steht
zum heurigen Kunstsymposion für mich heuer fest
Volkskultur | Popkultur | Gegenwartskunst
Ich muß diese Zusammenschau voranbringen, weil in den vermuteten Wechselwirkungen
etwas von dem liegt, was mich nicht bloß in der Rezeption fesselt, was anschaulich macht,
wo wir angekommen sind, was mich aber auch mit einigen Unklarheiten plagt.
Wir sind nun seit Jahren damit befaßt, Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft in
Wechselwirkung zu halten. Das hilft bei der genannten Aufgabe. Der kleine Apparat ist eine
speziell geformte, EDV-gestützte Kiste, die in Gang gesetzt wird, um autonom auf Menschen
zu reagieren.
Dieses Foto zeigt eine Situation, die mir besonders zusagt. Davor lag ein Prozeß
kollektiver Praxis. Im September 2015 stand das Artefakt dann einer Grazer Ausstellung: „30
Jahre WiGl Design - Industriedesign für Weltmarktführer" im Designforum
Steiermark.
In dem Moment war das Exponat so weit von meinen eigenen Inputs weg, daß ich die
Arbeit als einen Teil dieser Ausstellung sehen konnte, der sich dort nicht mehr
mit mir verknüpft hat. Das ist ein ungewöhnliches Vergnügen, dem ich erstmals vor
Jahrzehnten auf die Spur kam. Damals hatte der Schauspieler Peter Uray im Rechbauerkino
einen Zyklus meiner Gedichte gelesen, wobei sie mir auf faszinierende Art völlig fremd
wurden, so daß ich staunender Zuhörer sein konnte.
Hier nun: Unsere Maschine hatte von zwei versierten Industriedesignern, Willi Gangl und
Alfred Urleb, ihre Erscheinungsform bekommen. Diese Gestalt ist von einer sehr komplexen
Geschichte untermauert, die Popkultur-Aspekte hat.
Dazu kamen im laufenden Prozeß Momente, die sich eben nur über die Teamsituation
eröffnen. Mir sind die Möglichkeiten meines Geistes eigentlich immer zu eng gesetzt. In
der Einlassung auf die Vorstellungen anderer bricht das wohltuend auf. Es erleichtert dann
auch den eingangs erwähnten Effekt einer möglichen Entfremdung, über die ich
einen völlig anderer Blick auf die Arbeit bekomme.
Erst in diesem Kontrast finde ich dann nächste Optionen für mich. Von Urleb und
Gangl war allerdings ebenfalls zu erfahren, daß die Schritte, wenn sie aus gewohnten
Zusammenhängen herausführen, nützliche Impulse erbringen. Alfred Urleb meinte etwa: "Im
Normalfall müssen wir bei einem neuen Designauftrag sofort eine Geheimhaltungserklärung
unterschreiben. Die freie Kommunikation bei diesem Kunstprojekt war für mich etwas Neues
und eine sehr positive Erfahrung."
Willi Gangl bezog sich auf die Hintergrundgeschichte: "Die Zusammenarbeit mit
Martin Krusche und Ewald Ulrich war und ist eine phantastische Zeitreise von der Geburt
des Puch 500 bis hin in die Zukunft des Automobils der nächsten Generation."
Heuer sind es 60 Jahre, daß der Steyr-Puch 500 in Graz präsentiert wurde.
Die Karosserie-Form hatten Dante Giacosa und Giuseppe Alberti für den Fiat Nuova 500
erarbeitet. Es wurde eine derart gelungene Linienführung, daß der Fiat-Konzern
diese Formensprache im aktuellen Fiat 500 zitiert hat, was gewiß zum
Verkaufserfolg des Autos einiges beitrug.
Jene Formensprache wurzelt in den Streamliners der 1930er Jahre, die in der
Nachkriegszeit in vielfachen Variationen als Ovoid daherkamen, bevor sich Anfang
der 1970er die Keilform durchgesetzt hat, die heute längst Gescheuchte ist.
Das hat, wie erwähnt, seine Querbezüge zur Popkultur. Und das hat eine
biographische Kuriosität, da Gangl und Urleb ihre Laufbahn im Grazer Puchwerk
begonnen hatten, als Kräfte der historischen Steyr-Daimler-Puch AG. Andrerseits
hat dieses Projekt hat seinen Angelpunkt im IT-Unternehmer Ewald Ulrich, der sich nicht
bloß als Kulturschaffender profiliert hat.
Ulrich steht durch eine persönlichen Leidenschaften für einen Themenbogen, der sich
zwischen Steinzeitkultur und Vierter Industrieller Revolution auftut. Da
könnte einem auffallen: Symbolisches Denken und Codes. Das durchmißt
hier einer über Ulrichs Interessen gleich mehrere Jahrtausende.
Dazu kamen in der ersten Entwicklungsphase des Artefakts zwei weitere Kräfte,
unverzichtbar für die Umsetzung, nämlich der Hardware-Fachmann Thomas Herzog und
Software-Experte Stefan Strobl.
+) Zur Start-Phase [link]