log #584: dorf 4.0Vom Pferd zum Sattelschlepper
Nur gut situierte Bauern konnten sich bei uns Pferde leisten. Einst dominierte das
Ochsengespann. Manche Agrarier mußten sogar eine Kuh einspannen, weil es für mehr nicht
gereicht hat.
Die Symbiose von Mensch und Pferd dauert nun schon fünftausend Jahre. In der
Geschichtsschreibung spricht man vom „Kentaurischen Pakt". Der „Hafermotor"
war vor allem in Sachen Geschwindigkeit unübertrefflich, wenn auch die gezähmten Stiere
mehr Zugkraft aufbringen.
Dieser Kentaurischen Pakt dauerte bis zum Zweiten Weltkrieg, in dem tote
Pferde in die Millionen gingen. Die Kavallerie war nicht mehr von Bedeutung, aber auf
schlechtem Terrain erwiesen sich Pferde als Zugtiere den motorisierten Verbänden oft
überlegen.
Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg endete der Kentaurische
Pakt. Pferde sind heute hauptsächlich dem Sport und anderen Freizeitvergnügen
gewidmet, nur minimal den alten Aufgaben.
Bürgemeister Werner Höfler
bei einer Vernissage in der Tierklinik
Ihre Ablöse durch Maschinen ist in Österreich vor allem durch den legendäre Fünfzehner
Steyr symbolisiert, wie ich einen in Hofstätten fotografieren konnte. Die
ursprünglich rein agrarische Gemeinde, deren Bürgermeister Werner Höfler noch aktiver
Bauer ist, bildet diese Prozesse des Wandels im 20. Jahrhundert ab.
Das wird beim genauen Hinsehen über ansässige Betriebe sichtbar. Ob die Hofstättener
Tierklinik, von der Pferde betreut werden, ob das Traktorzentrum, ob die großen Frächter
mit ihrer Anbindung zur nahen Industriezone, ob die Raststätte mit Hotel, Seminarräumen
und Restaurant, der Umbruch des Kentaurischen Paktes in eine Volksmotorisierung
zeigt sich hier über alle Facetten.
Der Fünfzehner
(Steyr 80), 2012 in Hofstätten fotografiert
Diese Spielarten und Strukturen der Raumüberwindung werden gerade über einen neuen
Horizont erleuchtet, hinter dem sich Verkehrskonzepte und Maschinensysteme völlig
verändert haben werden. Dabei sollten wir uns vermutlich die Pferdekraft für
alle Fälle erhalten, denn das könnte kleinräumig wieder Bedeutung erlangen, wie es
jetzt zum Beispiel schon beim Holzrücken in der Forstarbeit vorkommt.
Im Vorjahr fand eine Session von Mythos Puch in Hofstätten statt: [link] Das war schon
ein kleiner Querverweis auf die Mobilitätsgeschichte, auf Sattelschlepper und...
auch auf den Motorsport.
Gastgeber Herbert Jerich, auf dessen Firmengelände wir die Veranstaltung umsetzen
durften, war nämlich in jungen Jahren erfolgreicher Rennfahrer, bis ihn ein Unfall bei
einem Bewerb in Italien fast das Leben gekostet hat. Heute dirigiert eine eine Flotte von
Sattelschleppern und anderer Nutzfahrzeuge.
Die agrarische Welt, das Transportwesen, der Rennsport, in all diesen Bereichen waren
die Pferde über Jahrtausende dominant. Das ist nun überwiegend von Kraftfahrzeugen
abgedeckt. Wir werden dazu einige sozial- und kulturgeschichtliche Zusammenhänge mit
künstlerischen Mitteln bearbeiten.
Ein Beitrag zu:
Hoftättener Aspekte
Vom Pferd zum
Sattelschlepper [Dorf
4.0]
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