log #583: dorf 4.0

Warum Volkskultur?

Wir haben im Kern unserer Kooperation von mehreren Kulturinitiativen und Gemeinden ist ein wesentliches Kräftespiel etabliert. Sachkundige Menschen aus Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft finden immer wieder an einen gemeinsamen Tisch, auf daß wir aktuelle Fragestellungen mit den Kompetenzen und Mitteln dieser Metiers bearbeiten können.

Hier steht bewußt das Wort Metier. Es sind Berufsfelder gemeint, wo Professionals agieren. Das gilt ausdrücklich auch für die Kunst im Sinn von Gegenwartskunst. Dieses Genre ist über eine Reihe von Kriterien von jenen Bereichen einer aktuellen Volkskultur unterscheidbar, wo Menschen künstlerische Techniken praktizieren, um ihr Leben zu bereichern, um Muße zu genießen.

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Intensive Debatten sind Standard. Von links die Bürgermeister Werner Höfler,
Peter Moser und Robert Schmierdorfer

Die Crew von Fokus Freiberg (Ludersdorf) hat sich vorgenommen, vom Jänner bis Juni 2017 einen speziellen Schwerpunkt zu bearbeiten: „Volkskultur 4.0, eine Positionsbestimmung". Das ereignet sich, während engagierte Kräfte dort weiter jene Vorhaben entwickeln und umsetzen, die im Schloß Freiberg seit einigen Jahren wieder für eine Kontinuität des Kulturgeschehens sorgen.

Es ist ein Prozeß, der von Bürgermeister Peter Moser aktiv mitgetragen wird. Er schafft dabei übrigens einen Angelpunkt zur Kooperation mit zwei seiner Amtskollegen, Robert Schmierdorfer in Albersdorf und Werner Höfler in Hofstätten.

Positionsbestimmung? Volkskultur? Kultur und Gegenwartskunst?

Was an Volkskultur landläufig bekannt ist, wird gerne in zweierlei Kategorien vermutet. Da wird einerseits „echte Volkskultur" vermutet, andrerseits „volkstümliche Kultur", wovon manches als „volksdümmlich" denunziert wird.

Das ergibt für unsere Arbeit keine nützlichen Kategorien. Aber drei Optionen lassen sich leicht ausmachen und erleben:
   • a) Was von engagierten Leuten als „echte Volkskultur" beschrieben und gepflegt wird, was dabei als wissenschaftlich begleitet, bearbeitet und auf diesem Weg als kanonisiert gilt.
   • b) Was die Unterhaltungsindustrie produziert und als volkstümlich vermarktet, was folglich auch von breiten Bevölkerungsschichten zur Unterhaltung angenommen wird, ohne mit den Kulturleistungen, wie sie unter a) angedeutet sind, in Deckung zu kommen.
   • c) Was von Menschen eigenwillig an kulturellen Leistungen aus Passion erbracht wird, ohne daß sie sich auf Fachdiskurse und auf die Legitimation durch Deutungseliten angewiesen fühlen; was sie also ganz selbstbestimmt tun, um ihre kulturellen, kreativen Ambitionen in Taten umzusetzen.

Kurz gefaßt, da sind a) Beiträge an verfeinerter Volkskultur, deren Kriterien laufend diskutiert werden. Da sind b) Angebote einer Unterhaltungsindustrie, bei der Publikumswirksamkeit und ökonomischer Erfolg bestimmen, was sich ereignet. Da sind c) kreative Aktivitäten, an denen sich Menschen erfreuen, ohne daß sie sich dabei belehren lassen oder materiellen Profit suchen.

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Auch heftiges Kopfschütteln hat seinen Platz. Von Links: Winfried Lehmann,
Ewald Ulrich und Helmut Oberbichler.

In der Praxis des Gemeindelebens ist es nicht üblich, ein Genre gegen das andere auszuspielen. Es muß den Menschen freistehen, diesem oder jenem Bereich eher anzuhängen.

Was ist also für uns in einem LEADER Kulturprojekt zu tun, wenn wir diese Themenstellung beleuchten und bearbeiten? Wir brauchen zu den Bereichen a) und b) nichts beizutragen. Die „echte Volkskultur" hat ihre engagierten Kräfte, hat Institutionen und wird wissenschaftlich begleitet.

Die Unterhaltungsindustrie ist auf uns nicht angewiesen. Wir haben keine Inhalte, die dort festgemacht sind. Bleibt die Option c) mit der wir gelegentlich befaßt sind. Und zwar innerhalb einer Gesamtentwicklung, wo wir dieses Genre mit anderen Genres in Berührung bringen.

Genau da zeigen sich dann auch kulturpolitische Agenda eines Dorfes. Genau in diesen Zusammenhängen ist Arbeit zu tun, die noch kaum definiert wurde. Eine Form der Wissens- und Kulturarbeit, die einerseits Bestehendes in der Region aufgreift, andererseits neue, zusätzliche Aspekte einführt.

Wir haben es dabei mit selbstbestimmten Formen der Kunstpraxis zu tun, die sich nicht an Diskursen über Gegenwartskunst messen. Dafür gibt es leider vorerst nur den Begriff „Hobby-Kunst", der allgemein wenig geschätzt wird.

Wir sind aber auch mit Gegenwartskunst auf der Höhe der Zeit befaßt. Wir haben die Popkultur einbezogen, die beides umfaßt; a) avancierte Kunst und b) Massenprodukte der Unterhaltungsindustrie.

Wir sind überdies längst mit einer „Volkskultur in der technischen Welt" beschäftigt, die seit den 1950er Jahren wissenschaftlich begleitet wird, aber in landläufigen Kulturreferaten und Feuilletons keine Beachtung findet. So lassen sich vier wesentliche Genres unterstreichen, die im laufenden Arbeitsjahr zum Zug kommen:

+) Hobby-Kunst
+) Popkultur
+) Volkskultur in der technischen Welt
+) Gegenwartskunst

Ein Beitrag zu:
Ludersdorfer Aspekte
Volkskultur 4.0: Eine Positionsbestimmung [link]
Warum Volkskultur? [Dorf 4.0]


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