log #550: in der ebene (gleisdorf) Bildungsdünkel
Vorweg, weil die Frage nach dem Bildungsniveau
und Wissenshorizont in Debatten mit Patrioten immer wieder durchschimmert, darf
ich über meinem eigenen Bildungsweg offenlegen:
+) Hauptschulabschluß
+) Lehre mit LAP
+) Präsenzdienst plus Kaderübungen
Bezüglich formeller Bildung hat es bei mir also für ein Lehrabschlußzeugnis und für
die zwei blassen Sterne eines Korporals gereicht, zu mehr leider nicht. Wann immer ich
eine Weile in Kontroversen durchhielt, bei denen mich Andersdenkende als "linkslink"
eingestuft haben, wurde ich sehr bald als "abgehoben" oder "intellektuell"
denunziert, als "obergescheit" oder dann doch als "pseudointellektuell".
(Also was jetzt? Intellektuell oder pseudointellektuell?)
Wer also möglicherweise aus einer Position
rechts von Dschingis Khan gegen meine Ansichten argumentiert, mag erfahrungsgemäß keine
Widerworte, keine anderslautende Meinung, mag auch keine Argumente und Informationen aus
seriösen Quellen. So meine jüngste Erfahrung mit einem Gleisdorfer Patrioten und seiner
Entourage.
Da Grobheiten via Massenmedien zunehmen und
dabei oft aus ganz dubiosen Quellen geschöpft wird, habe ich begonnen, einen solchen
Verlauf exemplarisch zu dokumentieren. Im ersten Blatt zu dieser Geschichte notierte ich: Intelligenz
ist die Fähigkeit, zwei einander widersprechende Ansichten zu ertragen, ohne dabei den
Verstand zu verlieren.
FPÖ-Politiker Hannes K. attestierte mir in
einer aktuellen Debatte: "ein ganz ein Schlauer, der Herr Krusche", was
wohl nicht sehr freundlich gemeint war. Nein, schlaue oder gar kluge Menschen sind
verdächtig. Bildungsdünkel färben die Diskussionen. Diese Art der offenen
Intellektuellenfeindlichkeit war schon unter den Nazi sehr populär und wurde nie
ausgeräumt. Der Grund ist klar.
Wissenserwerb und seriöse Meinungsbildung
machen Arbeit, kosten Zeit, bringen manche Mühe mit sich und schaffen selten Sicherheit
in den eigenen Ansichten, denn man muß immer auf neue Informationen gefaßt sein, die
eventuell alte Anschauungen hinfällig werden lassen.
Da ist das bloße Behaupten viel komfortabler.
Notfalls muß man einen "Intelligenzler" eben runterputzen. So merkte
Michael B. in der erwähnten Debatte beispielsweise an: "Aber das sind ja 'nur'
Arbeiterinnen und keine Studierten nä." Was mag er damit gemeint haben?
Bildungsdünkel spielen in solchen Debatten
offenbar eine wiederkehrende Rolle, denn "pseudointellektuell" und "Geschwafel"
etc. wird gerne vorgebracht. Ich kenne zwar "Studierte", arbeite aber
auch mit Hacklern aus der Industrie. Man macht dabei höchst kontrastreiche Erfahrungen.
Was meint denn der Patriot Oliver H., wenn er
betont: "Im Gegenteil suhlst du dich in überheblichen oder pseudointellektuellen
Aussagen." Und wodurch unterscheidet er intellektuelle von pseudointellektuellen
Aussagen? Das alles erfahren wir nicht, denn es ist bloß strategisches
Hintergrundrauschen. Ich hatte ihm darauf vorgeschlagen: "können wir nicht
unsere meinungen austauschen wie gentlemen und meinungsverschiedenheiten
respektieren?"
Ich möchte also davon ausgehen: Was mir mit
meinem Hauptschulabschluß und Lehrbrief möglich ist, sollte andere Leute nicht
überfordern. Falls doch, wäre es mir lieb, sie würden das nicht ausgleichen, indem sie mein
Denkvermögen anfeinden, sondern indem sie ihrem Denkvermögen auf die Sprünge
helfen. Bleiben wir doch bei der grundlegenden Anforderung: Nennen Sie ihre Gründe und
belegen Sie ihre Behauptungen mit seriösen Quellen!
-- [In der Ebene: Gleisdorf]
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