log #544: edition freiberg Am 27. April kam der Schnee zurück. Wir waren
auf Öl aus. "Das Van Dyck-Braun ist meine liebste Farbe", sagte Chris.
Sie sei wandlungsfähig, würde ihren Charakter je nach der benachbarten Farbe stark
ändern. Eine Gabe aus den Feldern der Braunkohle.
Man muß demnach sehr weitreichende Kenntnisse
über diese Werkstoffe haben, um damit zu erreichen, was einem vorschwebt. Die
verschiedenen Ölfarben brauchen ganz unterschiedliche Zeitspannen zum Abbinden und Trocknen.
All das bedeutet auch, ich komme im
gemeinsamen Tun mit jemandem, der sich in solchen Kategorien der Kunstpraxis
zurechtfindet, in völlig andere Verläufe als mit jenen erregten Kräften, die schon
unterm Beginnen an das Danach denken.
Wir zwei könnten kaum verschiedener sein,
egal, ob man nach der Mentalität fragt, die Biographien vergleicht oder uns im physischen
Kontrast sieht. Ich bin ein grober Kerl im Lager der Sprache, er ist ist ein Mann der
Bildwelten und, wie mir scheint, immer wieder erstaunt, was er sagt, wenn er spricht, denn
über die Sprache klärt er von sich aus eher wenig.
Die Pinsel. Sie dürfen ihm für die
Ölmalerei keinesfalls zu sanft sein. Mit den Haaren weicher Tiere will er sich da nicht
abgeben. Wo wir beide ineinandergreifen, was nun zunehmend geschieht, durchmessen wir
medial und mit den uns verfügbaren Kulturtechniken rund ein halbes Jahrtausend.
Das behagt mir sehr, denn ich bin ein Kind der
Gutenberggalaxis, beizeiten in Räume des Digitalen vorgestoßen (Mein kühles
Extrazimmer), aber im Erfahren und im Erzählen stets all diesen Optionen verbunden
geblieben.
Genau das ist nun eine der wichtigen
Grundlagen dieses Vorhabens, der Edition Freiberg, daß wir uns in einem
erheblichen Zeitraum bewegen können, daß wir an der Hand haben, was in diesem Zeitraum
die erzählerischen Möglichkeiten sind.
So bewegen wir uns nun in unseren Mitteln vom
Holzschnitt über die Ölmalerei und jüngere Mitteilungsformen, bis hinein in die
Nichtexistenz der Dinge im Binären. Das verweist auch auf die zweite Phase des
Projektes Fiat Lux, diese kleine, autonom fahrende Kontext- und Content-Maschine:
[link]
Zwischen diesen ganz alten und recht jungen
Medientechniken sind wir nun im überraschenden Schneetreiben jenes Apriltages
übereingekommen, daß wir George Herriman Referenz erweisen wollen und uns im Sinne
dieses verschmitzen Erzählers einem Genre widmen wollen, das er virtuos beherrscht hat:
-- [One Page Comic] --
Dieses Erzählen ist nach beiden Seiten
ausgerichtet, nach der Kunst und nach dem trivialen Kram, welcher in Zeitschriften nur
flüchtig zu bestehen braucht. Das Exklusive und das Massenhafte rühren an einander.
Wir haben schon begonnen. Es wird sich zeigen,
wie weit es trägt. Natürlich zielen wir hoch und meinen einfach das, was die ganze
Welt ausmacht. Man darf sich derlei vorzugsweise in einer quasi-religiösen Szenerie
vorstellen. Eine anspruchsvolle Aufstellung mit etwas buddhistischer Prägung.
Wir haben einen Tag phantasiert, an dem die
gesamte Menschheit erlöst werden soll um so das Dasein in irdischen Spelunken und
Jammertälern zu beenden. Gewissermaßen "Dasein 2.0". (Im Einser
wurde eigentlich genug Unfug getrieben und gelitten.)
Sie merken schon, das hat etwas Ökumenisches, bezieht auch katholische
Optionen ein, wie wesentliche Aspekte anderer Partien, die Orthodoxen sowieso, die wußten
immer schon zu feiern; jegliche Zusammenrottung von Verschwörungstheoretikern zugerechnet,
selbst die Chemtrail-Exegeten sollen mitkommen, eben die ganze Meute.
Alle, alle, alle finden sich zum bestimmten Zeitpunkt auf dem genannte
Terrain ein, um also die Transition zu erwarten. Niemand soll zurückgelassen
werden. Doch was geschieht? Ich verrate es ihnen.
Chris hat seine Zahnbürste vergessen und die gesamte Menschheit muß von
vorne beginnen.
Auf dem Heimweg sagte er: "Ich hab das Gefühl, zwischen uns
beide paßt noch eine ganze Welt herein" Der Schnee kam uns waagrecht entgegen.
-- [Das One
Pager-Projekt] --
core | reset | home
18•16 |