log #532: Das KulturGeviert Annahmen über das Agrarische
Werden Bäuerinnen und Bauern als Berufsstand nun nicht
mehr gebraucht? Hat die industrielle Landwirtschaft alles überflüssig gemacht, was wir
als bäuerliche Landwirtschaft noch kennengelernt hatten?
Aber was geschieht, wenn bloß für 24 Stundend der Strom
ausfällt? Wie erginge es uns, wenn einige Tage keine Lastwagen fahren könnten?
Keine Sorge! Das stammt nicht vom Notizblock für einen
Katastrophenfilm. Diese Überlegungen entspringen einfach nur der praktischen
Alltagserfahrung, daß wir von Elektrizität und Erdöl enorm abhängig sind, daß es auch
nichts schaden kann, wenn wir ab und zu ein par Takte über Ernährungssouveränität
nachdenken würden.
Laufender Umbau: Das Gemeindezentrum
Hofstätten an der Raab
Anders ausgedrückt, wie autark wäre denn unsere Region,
wenn der Weltmarkt für eine Weile völlig verrückt spielen würde? Was bedeutet die
Abhängigkeit von Netzen und Netzwerken, die den ganzen Kontinent bedecken?
Hannes Resch, Tierarzt und Bauernsohn, sagt etwa zum Thema
Stromversorgung ganz unaufgeregt: "Wenn es in Norddeutschland kracht, ist es bis
zum Balkan hinunter eine Woche lang finster."
Werner Höfler, Bauer und Bürgermeister, weiß aus der
Praxis des Amtes, was passieren kann, wenn es Sturm gibt: "Ein Kirschbaum fallt
auf die Leitung und die ganze Gemeinde ist für 20 Stunden ohne Strom. Da ist was
los."
In einem weiterführenden Gespräch zur Position der
Gemeinde Hofstätten an der Raab innerhalb des "KulturGevierts" ist die
heurige Themenstellung völlig klar geworden. Aus der Geschichte heraus war die agrarische
Welt prägend. Sie markiert auch die Gegenwart. Doch die Umbrüche unserer Zeit verändern
das alles gerade fundamental.
Von links: Werner Höfler, Hannes
Resch und Karl Bauer
Für Hofstätten ist klar: Niemand will sich über Defizite
definieren. Außerdem nützt der Pessimismus keinem Menschen. Veränderungsschübe fordern
einen heraus, werfen einem neue Aufgaben zu. Man kann sich davor wehleidig ducken oder die
Herausforderung annehmen.
Resch ist mit dieser Vorgeschichte einer materiell
bescheidenen bäuerlichen Welt aufgewachsen. Er ist mit dieser Gegenwart der Umbrüche im
Arbeitsalltag konfrontiert. Der Tierarzt nennt es "Die Wehen der neuen
Welt". Was sich gerade ereignet, ist kein Spaziergang.
Es handelt im Kern von einer globalisierten Wirtschaft auf
dem Weg in die Vierte Industrielle Revolution. Davon bleibt kein Lebensbereich
unberührt.
Das zeigt sich generell in wachsenden Verteilungskämpfen
innerhalb unserer Wirtschaft, das zeigt sich in den radikalen Auswirkungen auf dieses
Berufsfeld, die agrarische Welt. Dabei ist bloß einer der wirksamen Aspekte schon seit
Jahren erkennbar: Die genutzten Flächen bleiben ungefähr gleich, die Zahl der Betriebe
nimmt ständig ab.
Das bedeutet zweierlei. Die laufenden Betriebe werden
größer und die Bauern werden weniger. Heißt das, den Bäuerinnen und Bauern geht es wir
den guten Handwerkern in der Industrie; daß sie eigentlich nicht mehr gebraucht werden?
Bürgermeister Werner Höfler ist mit diesen Themen
ebenfalls vertraut. Erstens durch sein kommunalpolitisches Amt, zweitens als Lehrer und
drittens im ursprünglichen Sinn, als aktiver Bauer.
Er hatte unter anderem die Schließung der Obstbaufachschule
Wetzawinkel zu administrieren und ist derzeit für die Umwandlung der Liegenschaft in
ein Gemeindezentrum zuständig. Das allein illustriert den Wandel mehr als deutlich.
Karl Bauer, Tierarzt und ebenfalls in der agrarischen Welt
aufgewachsen, hat nun jene Ausstellung initiiert, mit der die Tierklinik von Resch in
wenigen Tagen als Ort der Kunstvermittlung eingeführt wird: "Pigtures"
(Eine künstlerische Begegnung mit dem Schwein) [link]
So kristallisiert sich in der Gemeinde ein kulturelles
Arbeitsfeld heraus, in dessen Hintergrund gerade erhoben wird, welche Themen und
Schwerpunkte von den Menschen aus der Gemeinde aufgegriffen, im laufenden Jahr bearbeitet
werden sollten.
Im Engeren sind aktive Bauern mit Fragen konfrontiert, wie
sich etwa Betriebsentwicklung und Marktlage zeigen, was der Tierschutz und die
Umweltfragen einem abverlangen. Polemisch verkürzt könnte man sagen: Die Produktivität
macht Sprünge, die Produktion steigt, der Beruf verschwindet.
Ist das wirklich so?
Da besteht Klärungsbedarf. Ist es dabei auch wichtig, daß
die Menschen einer Region wenigstens den Hauch einer Ahnung haben, was sich in diesem
Berufszweig tut? Vielleicht! Das sollte herausgefunden werden.
Es geht ja nicht bloß um die Direktvermarkter, welche man
auf dem Bauernmarkt der nahen Stadt antreffen kann. Das Thema ist viel komplexer.
So wurde nun in Hofstätten an der Raab eine Fortführung
solcher Arbeitsgespräche beschlossen, um zu klären, welche Themen Vorrang haben und von
den Menschen in der Gemeinde als relevant eingeschätzt werden.
-- [Das Kulturgeviert] --
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