log #531: volkskultur Folkies im Plattengeschäft
Wir waren keine Nachbarn, saßen aber in der gleichen Klase
eines Grazer Gymnasiums, das uns in der Unterstufe abwarf. Peter Ratzenbeck war in der
Brockmanngasse zuhause, ich am Münzgrabengürtel. Gleiche Gegend, gleiches Milieu.
Ratzenbecks Vater hatte, wie Josef Beuys, ein Junkers Ju 87
(Stuka) mit den markanten Knickflügeln geflogen, war damit abgeschossen worden,
was ihn ein Bein gekostet hatte. Mein Vater hatte eine Strafkompanie als Krüppel mit zwei
kaputten Beinen überlebt. Wir kannten also beide diesen Groove.
Ich denke, Ratzenbeck wußte als Schulabgänger sofort,
daß er als Musiker leben wollte, und zog los, verfolgte dieses Ziel mit großer
Zähigkeit. In meiner Erinnerung war er der erste unter uns, dem ein Plattenproduktion
gelang: "Straight and Ragged" von 1977.
Die "Refuge" kam 1982 bei Ariola
heraus. Für österreichisches Verhältnisse eine "richtige" Plattenfirma, kein
kleines Label. Das Covermotiv stammt übrigens von Gregor Traversa. Es gab seinerzeit
laufend Querverbindungen zwischen uns Welpen und den schon erfahreneren Kunstschaffenden
der Steiermark.
Die Fotos auf der Coverrückseite stammen von Helmut Utri,
der sich vor allem im Musikbereich enorm profiliert hatte und die ganze Grazer Szene mit
seiner fortografischen Arbeit über Jahre begleitete.
Später hat Gerald Brettschuh so manche Arbeit für die
Covers von Aniada a Noar beitragen. Die Plakatserien von Herms Fritz für die
steirische Jazz-Szene sind ein beeindruckendes Kapitel für sich. Fritz hat außerdem als
Mundart-Dichter fulminant zugeschlagen.
Hier eine Brettschuh-Grafik aus den Krusche-Chroniken. Er
hat die Zeichnung mit 23.1.1979 datiert: [link] Die Wende des Jahrzehnts, der Umbruch von den 1970er zu den
80ern brachte viel Bewegung in unsere Generation.
Im Sommer 1983, spielte Hannes Urdl seine CD "Mit'n
Radls ins Grüne" ein. Damit war neben Ratzenbeck ein weiterer "Fingerpicker"
in der steirischen Folk-Abteilung der Schallplattengeschäfte verfügbar.
Das Cover zeigt übrigens Schloß Freiberg, wo Ratzenbeck,
Urdl und ich je einige Zeit gelebt hatten. Die Hütte war damals noch nicht so gut in
Schuß wie heute, aber inhaltlich spielte sich eine Menge ab. Vor allem Musik und bildende
Kunst sind kontinuierlich präsent gewesen.
Mir fiel bei Durchsicht meines Archivs übrigens gerade
auf, daß ich in den bisherigen Notizen ein Genre übersehen hab, welches damals noch sehr
präsent war.
Die Liedermacher-Szene zeigte in Österreich eine starke
Tradition. Formationen wie die Schmetterlinge oder einzelne Akteure wie Sigi
Maron haben sich dabei politisch exponiert. In der Oststeiermark wäre Zeus zu
betonen: Kurt Keinrath, Paul Kindler und Arnold Hafner.
-- [Volkskultur] --
core | reset | home
14•16 |