log #527: volkskultur Volksmusik & Folkmusic
Im Jahr 1990 hatte die Gleisdorfer Kulturinitiative GARAGE
fünf Jahres ihres Bestandes zu feiern. Regelmäßige Informationen kamen über das Medium
eines anderen Kulturvereins dieser Region unter die Leute. Der SO-Verein gab "SO:
Die anderen Seiten" heraus und verfügte auf diesem Weg über den damals noch
günstigen Zeitschriftentarif der Post.
Die "SO-Zeitung" hat übrigens im
gleichen Jahr die erste Publikation des inzwischen arrivierten Autors Thomas Glavinic, der
damals in Gleisdorf lebte, realisiert: "Vierzig Minuten" [link]
Im Frühjahr 1990 war von einer besonderen Entwicklung zu
berichten. Unter dem Titel "Die Querverbindung" erzählte ein Beitrag,
daß die heimischen Folkies sich inzwischen mit Musikanten traditioneller Volksmusik
gründlich ausgetauscht hatten.
Dabei spielten
Hermann Härtel und das Steirische Volksmusikwerk eine wesentliche Rolle. Härtel
erwies sich in diesem komplexen Prozeß quasi als Integrationsfigur beider Lager. Man kann
in diesem Text auch eine Abgrenzung zu den Massenprodukten der Unterhaltungsindustrie
nachlesen, wo "Moik und Konsorten" (Musikantenstadel) einem
anderen Genre zugerechnet wurden. |
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Dabei wurde überdies von der
Einrichtung des "Folkstammtisch" im Grazer Lokal Tick Tack
(Kernstockgasse 16) berichtet, wo jeden Mittwoch nicht bloß Live-Musik angeboten werden
sollte, sondern auch Schallplatten, Hörproben, Nachrichten, Informationen.
Einer der Promotoren dieser Initiative war
Andreas Safer, Geiger von Aniada a Noar. Zu der Zeit ist auch das Thema "Musikantenfreundliche
Gaststätte" bearbeitet worden. Rund vierzig steirische Wirtschaften haben sich
gegen die "Einheitsbreihintergundkonserve" aufgestellt.
Die Betonung von handgemachter Musik
gegenüber der Massenware war zugleich ein Statement gegen die rücksichtslose
Bewirtschaftung kultureller Grundlagen durch eine Unterhaltungsindustrie, die keinerlei
Rücksicht auf regionale Eigenheiten und Qualitätsfragen nahm, sondern einfach versucht
hat, ein ganzes Staatsvolk durchzurekrutieren und so zu bewirtschaften.
Bei der Problematik waren viele Folkies
in der Öffentlichkeit weit angriffslustiger als etablierte "Traditionspfleger".
Das bedeutet auch, die Verbindung von traditioneller Musik und bestimmter Identität wurde
hier in einer lebhaften Praxis verhandelt, durch das Tun.
Dieses Tun brach
die stellenweise Enge auf, schritt über kleinräumige Konzepte hinaus und wandte sich
dabei an ein mögliches Publikum, das diese Lebendigkeit und wachsende Virtuosität nicht
nur medial vermittelt erleben sollte, sondern in realer sozialer Begegnung. All das lag freilich auch an sehr konkreten künstlerischen
Ansprüchen, die etwa verlangten, sich genau nicht in Richtung von sehr viel mehr
"Radiotauglichkeit" drängen zu lassen. Aniada a Noar sind ein
prägnantes Beispiel dafür, weil man den Musikern wegen ihrer wachsenden
Popularität mehrfach nahegelegt hatte, ihren Stil "medientauglicher" zu
adaptieren. |
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Das haben sie bis heute
verweigert. Der Preis dafür: Die Reichweite einer Gruppe hat natürliche Grenzen, womit
auch das Business ab einem gewissen Punkt keine Kategoriensprünge mehr machen kann.
Der Verlauf dieser Geschichte wurzelt also
deutlich in der Pop-Kultur, ohne in deren düsteren Seiten aufzugehen. Das ist ein
bemerkenswertes Detail, in dem man eine Verknüpfung zu jener Art Volksmusik und
Volkskultur sehen kann, die sich weder kommerziellen Kräftespielen noch akademischen
Debatten angedient hat.
+) Der Text vom März 1990: [Teil I] [Teil
II]
-- [Volkskultur] --
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