log #489: from diaspora to diversities Unser Divanisieren hatte Gelegenheit geboten, daß sich
einige Ansatzpunkte herauskristallisieren mochten, wo über alle Kontraste hinweg
gemeinsame Schritte möglich werden. Es gibt ja keine Chance, aus der wechselseitigen
Fremdheit heraus sofort in ein Tun zu kommen, bei dem sich -- jenseits der
Alltagsbewältigung -- etwas von Bestand auftut. Kennenlernen als etwas Prozeßhaftes, das
Zeit beansprucht…
Das wiegt umsomehr, als wir einander nicht nur kulturell
Fremde sind, wir gehören völlig verschiedenen Generationen an. Aber einen kleinen
Vorteil bietet mein Metier. Kreativität, Schaffensfreude, das Bedürfnis nach Ausdruck
mit verschiedenen Materialien und Medien hat offenbar Wurzeln im Menschsein, die ganz
kulturunabhängig sind.
Damit möchte ich sagen, eine Kommunikation, die sich auf symbolische Ebene verlagert, hat
Fundamente, die teilen wir auch mit den Fremden, die sind womöglich gemeinsam betretbares
Terrain, das man sich nicht erst mühsam erschließen muß. (s bleiben genug
Unwägbarkeiten.)
Als ich vor Jahren mit afrikanischen Immigranten ein Medienprojekt begann, war die erste
Lektion, die auf mich wartete, unerbittlich. Nichts, aber auch gar nichts von dem, was ich
für vorrangig hielt, hatte für sie Gewicht. Was ich kann und was ich weiß, ist für ein
Leben als unangefochtener Österreicher vorteilhaft. Für einen Flüchtling in unklaren
Verhältnissen bleibt das nachrangig.
Ich habe daraus ein simples Fazit mitgenommen. Sollte ich
nicht bereit sein, den Leuten erst einmal zuzuhören, habe ich ihnen als Kulturschaffender
auf Anhieb nichts zu bieten. Zuhören ist das erste Tun.
In meinen bisherigen Begegnungen mit den Flüchtlingen, die derzeit in Gleisdorf weilen,
nützt mir dieser Erfahrung. Hier bin ich bloß eine Randfigur im aktuellen Geschehen.
Verschiedene engagierte Einheimische haben sich mit ihren Kompetenzen schon auf die
grundlegend notwendigen Dinge und die Alltagsbewältigung der Leute konzentriert.
Wer aber nicht mehr jeden Tag um sein Überleben kämpfen
muß, wird sehr schnell verschiedene kulturelle Bedürfnisse zeigen. Und wieder gilt: Was
ich mir dabei als wesentlich vorstelle, ist nachrangig gegenüber den auffindbaren
Interessen der Männer. (Hinzu kommt, ich bin weder als ihr Revisor, noch als ihr
Lehrmeister bestellt worden.)
Helen Wieser, die „Fokus Mitmensch“ initiiert hat, um diese Flüchtlinge zu begleiten,
hat übrigens schon zwei sehr wesentliche kulturelle Themenbereiche in Arbeit. Es geht um
wachsende Sprachkompetenz und die Umsetzung von Kommunikation in Werke, in Artefakte, die
man zeigen kann, auch um die Dokumentation ihres Hierseins. Das zielt auf wichtige
Reflexionsmöglichkeiten.
Wir denken ja nicht nur in Worten, sondern
auch in Bildern. Wir sollten uns in Worten und Bildern etwas mitteilen, erzählen können. Wieser geht einen Schritt weiter. Sie möchte einige der Burschen
für Poesie gewinnen. Das verspricht also, recht spannend zu werden.
Ich hab bei unserer jüngsten Session vor allem einmal geschaut: Welche Themen ergeben
Schnittpunkte der Interessen? Egal aus welcher Kultur Männer kommen, in vielen Fällen
wird folgender Themenkatalog das Zeug zum internationalen Standard haben: Fußball,
Mädchen, Autos.
Im Sport bin ich frei von Kompetenzen, aber der Bereich ist
gut besetzt. Zum Thema Mädchen habe ich nichts Relevantes beizutragen. |
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Die Burschen könnten in der Mehrzahl meine
Söhne sein, was mich in diesem Zusammenhang disqualifiziert. Aber Autos. Zu dem Thema
kann ich eine Menge einbringen. Kommen Sie mir nun nicht mit der populären Vorhaltung,
diese Liste zeige die falschen Prioritäten.
Wir sind ja auf gutem Weg, uns auch in anspruchsvolleren
Zusammenhängen einen Möglichkeitsraum zu eröffnen. Aber das hat gute Verständigung zur
Voraussetzung. Die entsteht doch nur, wenn man bei Achtsamkeit für konkrete Interessen
ansetzen kann, dann sind schon allein dadurch die Sprachbarrieren etwas niederer.
Da sind also nun zwei Themen, zu denen ich mit den Burschen eine Weile unterwegs sein
kann: Autos und Poesie. Es geht um Narrative, die auf Texte und auf Bilder gestützt sind.
Schauen wir, was daraus werden will...
-- [Dokumentation] --
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