log #488: from diaspora to diversities

Divanisieren
Im Serbokroatischen, vor dem Untergang Jugoslawiens die Sprache dreier Ethnien, bedeutet das Wort „divaniti" sprechen, erzählen, sich unterhalten: [Quelle]

Kleiner Einschub:
In diesem Zusammenhang stieß ich einmal auf die Frage: Was unterscheidet Serben, Kroaten und Bosniaken? Antwort: Sie haben die gleiche Sprache.

Ich hatte im Jahr 2007 ein Teilprojekt von „Next Code" soweit auf der Schiene, daß Gleisdorf 2008 zu einem Veranstaltungsort der damals neuen „Regionale" wurde, obwohl dieses Festival ursprünglich auf den Bezirk Feldbach festgelegt war.

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So kam es zum Projekt „Next Code: Divan", in dem der Satz „Idem na divan" („Ich gehe nach Divan") spezielle Bedeutung erlangte.

Auf dem Weg zur Projektumsetzung bekam für mich ein Gespräch mit dem bosnischen Autor Dzevad Karahasan Gewicht, in dem er sagte: "Die Kunst schützt uns vor Gleichgültigkeit, der Mensch aber lebt, solange er nicht gleichgültig ist." Siehe: [link]

Was es nun mit dem „Divanisieren" auf sich hat, ist in einer Notiz aus dem damaligen Projekt zusammengefaßt. Das berührt auch den Begriff „Mahala", der ein soziales Gefüge an einem konkreten Ort bezeichnet. Es läßt sich in einem seiner Aspekte leicht zusammenfassen: Wir nehmen uns Sitzmöbel und gehen damit vor das Haus, nehmen uns ein Stück Straße als Ort der Zusammenkunft. Siehe dazu: „idem na divan" [link]

Das unterstreicht auch den Aspekt städtischen Lebens, in dem angefochten werden muß, daß der Automobilismus sich alle Fläche zwischen zwei Häuserzeilen als eigenes Terrain markiert und nimmt. Sowohl das urbane Leben, wie auch überhaupt unsere Demokratie beruhen auf einem öffentlichen Raum, der vom Privatraum unterschieden wird.

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Dieser öffentliche Raum ist als Ort leiblicher Abwesenheit von Menschen, von Bürgerinnen und Bürgern, auch ein politischer Raum.

Wenn ich also nun mit der Kulturinitiative „Fokus Mitmensch" diesen kleinen Schritt setze und die „Talking Communities" vor die Gleisdorfer Galerie „Einraum" auf die Straße verlege, dann soll das daran erinnern, wie viel älter diese Tradition des urbanen Lebens gegenüber dem Automobilismus ist.

Das bedeutet aber auch, daß eine zeitgemäße Demokratie nach wie vor auf reale soziale Begegnung angewiesen ist und daher ohne diese Art von öffentlichem Raum keinen Bestand hat.

Ich habe 2008 in der Entfaltung des Projektes und in der Überprüfung des Begriffes Divan notiert: „Soziale Situationen, künstlerische Praxis, unterschiedliche Referenzrahmen aus den Kontrasten der verschiedenen Lebensbereiche ... um doch einen gemeinsamen Lebensraum zu beschreiben, in dem vor allem die energischen Wechselwirkungen genau das hervorgebracht haben, was wie heute unter EUROPA verstehen möchten. Nicht die Abschottung, die Offenheit hat Europa geprägt." [Quelle]

-- [Fokus Mitmensch] [Generaldokumentation] --

10. Juni 2015: Divanisieren
18:00 Uhr, Galerie Einraum
Bürgergasse 12, 8200 Gleisdorf
[link]


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