log #485: wunderkammer Ich hab in den vorigen beiden Einträgen schon
skizziert, wie Erdöl und Automobile sich mit Ideologie paarten, so in eine
Massenmobilisierung mündeten, deren Kernmotiv eine Massenmotorisierung war.
Die Mischung aus heldenhafter Raserei ("Silberpfeile")
und "Ein Auto für alle" entwickelte sich zu einem grundlegenden Ereignis
des Faschismus; eine Konstruktion, die ihre Anziehungskraft bis heute nicht eingebüßt
hat.
Hier steht die Miniatur der Lockheed P-38
Lightning symbolhaft für eine doppeldeutige Funktion. Der Jäger mit dem markanten
Doppelrumpf war einerseits als Begleitschutz für amerikanische Bomber gegen den
Faschismus geflogen.
Die andere Geschichte folgte nach dem Zweiten
Weltkrieg und ist bis heute Legende im Automobilbau. Es heißt, daß der
Industrie-Designer Frank Hershey von Boss Harley Earl befugt worden sei, einem 1848er Cadillac
markante Heckflossen zu verpassen. Die wuchsen bis Ende der 1950er enorm. Am extremsten
setzte das wohl Virgil Exner bei Chrysler um. Als Inspiration dafür gilt der "Forked
Tail Devil", die Lightning.
Das Büchlein mit dem flüchtigen
Krusche-Portrait (samt Hasen-Tätowierung) ist ein Geschenk des serbischen Künstlers
Nikola Dzafo. "Istinite Legende" heißt "Wahre Legenden"
und verweist auf den Zweiten Weltkrieg.
Eine dieser jugoslawischen Wanderlegenden
trägt den Titel "Pinki je video Tita", also: "Pinki hat Tito
gesehn". Pinki ist der Spitzname des halsbrecherischen Partisanen Bosko
Palkovljevic: [link] Siehe dazu auch den Eintrag in der "Schock-Allianz":
[link]
Alle Grausamkeiten, die vom Großen Krieg in
den Faschismus führten und die wir mit Auschwitz als beendet sehen wollten, hat Europa im
Untergang Jugoslawiens noch einmal absolviert, hat teils ratlos wie tatenlos zugesehen,
was geschieht.
Darauf verweist zum Beispiel dieses kleine
Gemälde des albanischen Kosovaren Naim, Spahiu aus Mitrovica. Er hat unzählige
Fahrräder gemalt. Sie waren seine überlebenswichtigen Vehikel, um im Krieg in Bewegung
zu bleiben, den ständigen Bedrohungen stets neu zu entkommen. Siehe dazu den Eintrag bei "Next
Code: Divan": [link]
Was Spahiu überlebte, brachte andere unter
die Erde; als hätte es den Faschismus und den Kampf dagegen nicht gegeben. So etwa im
Massaker von Vukovar: "87 Tage brauchte die Armee, um die Stadt und ihr Leben zu
zerstören." [link]
Das Zeichen der 204. vukovarska brigada
[link]
erinnert daran, die Patronenhülse als Schlüssselanhänger habe ich dort bei einer
Gedenkstätte erworben. Europa hatte das "Nie wieder!" nicht zu sichern
vermocht. Siehe dazu auch "Das Vukovar-Set": [link]
Was hat nun eine Comic-Figur in all dem zu
suchen? Zeichner Carl Barks hatte Daniel Düsentrieb, den Ingenieur der
Ingenieure, mit unerschütterlicher Zuversicht bezüglich technischer Lösungen
ausgestattet. Übersetzerin Erika Fuchs legt ihm das Motto "Dem Ingeniör ist
nichts zu schwör" in den Mund.
Als Donald Duck 1956 eine kaputte
Lampe zur Reparatur brachte, bekam diese etwas von Düsentriebs Intelligenzstrahler
ab, und entfaltete (laut Zeichner Don Rosa) dadurch ein Eigenleben als das Helferlein:
[link]
Es repräsentiert bis heute als
personifizierter Geistesblitz die Technik- und Fortschrittsmythen jener Tage. Da zeigt
sich auf liebliche Art die selbe technische Kompetenz, die dem Massenmorden im 20.
Jahrhundert völlig neue Möglichkeiten eröffnet hat.
-- [Die
Vitrine] [Wunderkammer] --
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