log #430: kunst ost Pressekonferenz für den kommenden Herbstschwerpunkt. Damit hat der "Kulturpakt
Gleisdorf" seine erste große Manifestation. Es erweist sich als machbar, daß
völlig verschiedene Instanzen kooperieren, daß Staat, Markt und Zivilgesellschaft in
gemeinsame Vorhaben zusammengehen.
Auch wenn nun schon eine ganze Weile ein wachsender Kreis
von Menschen daran arbeitet, war ich keineswegs sicher, ob wir die jeweils nächste Stufe
der Realisierung schaffen.
Ein wesentlicher Aspekt dieser Entwicklung ist die zentrale
Tatsache, daß wir gerade eine gemeinsame Praxis des "Bottom up-Prinzips"
ausloten. Das heißt, die offiziellen Organe der Kommune greifen auf, was von der Basis
her kommt. Interessen und Möglichkeiten werden abgestimmt. Das größere Ganze trägt die
Handschriften aller Beteiligten.
Bürgermeister Christoph Stark
(links) und City-Manager Gerwald Hierzi
Der kulturpolitische Ansatz bleibt knifflig. Können wir
gemeinsam einen Arbeitsmodus etablieren, der jene wohlbekannte Grundsituation
übersteuert? Daß nämlich persönliches Engagement vor allem deshalb erfolgt, weil
jemand persönlich den Zugang zu Ressourcen und den Zuwachs an Prestige sucht.
Wir erleben ja in einzelnen Momenten immer wieder, daß
diese Intentionen bei jemandem unübersehbar durchschlagen. Wird es dabei möglich sein,
den anderen Zugängen längerfristig mehr Gewicht zu verschaffen?
Es weist einiges darauf hin, daß sich solche Optionen der Gemeinwesenorientierten
Kulturarbeit festigen lassen. Mit Politik und Verwaltung haben wir dazu schon stabile
Arbeitssituationen erreicht. Soweit es aber die Wirtschaft betrifft, fehlt es durchaus
noch an größeren Ideen und adäquater Praxis.
Was schon klar ist, der antiquierte Modus darf abgehakt
werden. "Wirtschaft sponsert Kunst, weil dort das Geld ist und weil Kunst wichtig
ist", diese Illusion hat die letzten 30 Jahre nicht gefruchtet, sie wird auch
für die Zukunft nichts taugen.
Das greift zwar in verfeinerter Form, wo symbolischer Wert
(künstlerischer Rang), Marktwert und Prestigegewinn auf höherem Level zur Wirkung
kommen; dort, wo Werke gehandelt und gesammelt werden. Aber das ist ein grundlegend
anderes Feld als unser regionales Kulturgeschehen.
Wir betreten es zwar auch gelegentlich, hier in der
Provinz, wenn etwa Unternehmer und Sammler Erich Wolf eine seiner
"Jahresausstellungen" realisiert, derlei hat aber nichts mit Gemeinwesenorientierter
Kulturarbeit zu tun.
Solche Sessions sind lokal primär eine Botschaft an die
Klienten des Betriebes, sind im Kulturkontext eine Botschaft an Feuilleton und andere
Sammler des Landes, sind im Bereich individueller Obsessionen des Sammlers Wolf eine
Botschaft an Kunstschaffende, deren Werk sein Interesse gilt.
Vernissage im betrieb von Erich Wolf
Darüber hinaus könnte man etwas ironisch sagen: Lokales
Publikum ist zugelassen. Die kulturelle Basisarbeit für das Gedeihen eines geistigen
Klimas in einer bestimmten Region ist von solchen Einzelschritten weitgehend unberührt.
Das vorherige Foto zeigt die klassische Anordnung: Eine
Kunsthistorikerin erläutert das Werk des Künstlers (Kurt Stadler, in der Mitte), der
Hausherr demonstriert öffentlich a) guten Geschmack und Kennerschaft, b) wirtschaftliche
Potenz, um sich c) beim Bewirten der Gäste nicht lumpen zu lassen.
Wo nun Menschen weit diesseits der inhaltlichen und
wirtschaftlichen Potenz solcher Unternehmungen genau derlei Inszenierungen kopieren oder
imitieren möchten, wird es peinliche Situationen geben.
Wir müssen also in der aktuellen Entwicklung gründlich
verstehen, auf welchen Feldern welche Arten kultureller Projekte stattfinden. Bürgerliche
Repräsentationskultur bleibt ein wichtiger Faktor in regionalen Prozessen, weil da
ausreichend Geld und Intentionen zusammenfinden, um etwa relevante Werke der
Gegenwartskunst in der Ort zu bringen.
Im Gleisdorfer "Museum im
Rathaus" werden wir nun
die verschiedenen Sektoren zusammenführen
So erhalten wir Gelegenheit, anregende Exponate zu sehen
und im Small Talk-Bereich interessante Gespräche zu führen. Aber gewöhnlich sind derlei
Veranstaltungen nicht der Regionalentwicklung gewidmet.
Wo wir uns demnach für das regionale Kulturgeschehen
einsetzen, sollten wir uns nicht hinreißen lassen, erfolgreiche Unternehmer und
Kunstliebhaber in ihren Auftritten zu imitieren. Wir müssen überhaupt erst erarbeiten,
welche anderen Modi sinnvoll und vielversprechend erscheinen, wo wie kulturelles und
kulturpolitisches Neuland gewinnen möchten.
Ich denke, in der Umsetzung des "Kulturpaktes"
haben wir nun den ersten Abschnitt solcher Innovation geschafft. Jetzt kommt
der kniffligere Teil...
-- [Das Kunst-Symposion]
[Kulturpakt Gleisdorf]
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