log #422: in bewegung Meine markanteste Erinnerung an Hartmut Skerbisch ist folgende. Er
senkte seine Stimme, nahm etwas aus dem Packpapier. Es war ein in Seidenpapier gewickeltes
Buch von Julien Gracq.
Ich vermute, Skerbisch war daran gewöhnt, Menschen mit
seinen Denkwelten an den Rand ihrer Möglichkeiten zu führen. Solche Momente wie, das
kurze Enthüllen eines mir sehr gewöhnlich erscheinenden Buches, waren häufig, wenn man
mit ihm zu tun hatte.
Meine Reminiszenzen besagen, daß er nie Unmut zeigte, wenn
man ihm auf Gedankengängen nicht mehr zu folgen vermochte, daß er sich andrerseits ganz
unaufgeregt darüber freute, wenn ihm jemand Dialogpartner sein konnte.
Hartmut Skerbisch ()
Hartmuts zeitiger Tod hat eine grobe Lücke in das
intellektuelle Gefüge dieser Region gehauen. Warum ich davon erzähle? Weil ich eben an
einem Fenster in der Ordination von Elisabeth Santigli stand. Mit den Fenstern hat es da
eine besondere Bewandtnis.
Der Raum ist im Dachgeschoß eines sehr exponierten
Gebäudes angelegt. Dort hat man eine Arbeit von Hartmut Skerbisch gut im Blick; aus
ungewohnter Perspektive. Dieses Werk wird gerne als ein "Wahrzeichen" von
Gleisdorf gedeutet.
Ich gebe wenig auf derlei Zuschreibungen. Die Skulptur ist
vielmehr Repräsentanz eines jener komplexen Denk- und Wahrnehmungsprozesse von Hartmut,
wie ich sie eingangs angedeutet habe.
"Solarbaum" von Hartmut
Skerbisch
Eigentlich wäre ja der sporadisch erscheinende
Schlagschatten dem Werk zuzurechnen. Aber so weit wollte ich mich nicht aus dem Fenster
beugen, um das ganze Ensemble zeigen zu können.
Fenster. Dort, in deren Zargen, sind LED-Elemente
implementiert, die mit Inhalten bespielt werden können. Diese Installation stammt von
Alfredo Barsuglia: [link]
Die Arbeit ist auf jene Achse ausgerichtet, in der auch Skerbisch's "Solarbaum"
steht. Somit ergibt sich im Stadtzentrum eine Verdichtung von temporären und statischen
Spuren, die der Gegenwartskunst gewidmet sind.
Strukturdetail einer Arbeit von
Alfredo Barsuglia
Ein Stück die Straße hinunter und beim Elektro Kurtz
um's Eck hatten wir im Jahr 2009 eine temporäre Arbeit von Hans Zebedin, die im Rahmen
des Festivals "steirischer herbst" gezeigt wurde. (Das war "next
code: crossing".)
In meinen Notizen zu diesem 2009er-Ereignis ist übrigens
eine klare Südost-Verbindung angelegt, die heuer zu unserem Gleisdorfer Kunstsymposion
mit eben jenem Titel -- Südost -- führt. Katharina Raabe zitierte den
kroatischen Autor Nenad Popovic: "Europa stirbt in Sarajevo." [Die Quelle] [Das 2013er-Symposion]
Temporäre Arbeit von Hans Zebedin
Aber zurück zu diesem Gang in die Kunst. Ist man von Santigli
nördlich um die Ecke gekommen, geht man diesen Weg herauf, Richtung Hornung-Gasse, landet
schließlich beim Haus von Kunstsammler Erich Wolf. Sowohl das Haus als auch der Garten
sind Räume für bemerkenswerte Werke.
.
Gonflable von Hans
Kupelwieser, Sammlung Wolf
Das bedeutet unter anderem, Menschen, die wirtschaftlich reüssiert
haben, finden es offenbar nicht hinreichend, ihre Mittel in banale Repräsentation zu
investieren. Sie setzen auf eine symbolische Ebene, die von Wahrnehmungserfahrungen und
Denkprozessen handelt.
Genau das bietet nämlich die Auseinandersetzung von Financiers mit
Kunstschaffenden (vice versa) im Eingehen auf Werke und Prozesse der Kunst. Genau das
bietet einem Ort, einer Region Impulse, Denkanstöße.
In solchen Zusammenhängen gehen wir nun unter anderem auch in den
Gleisdorfer Herbst-Schwerpunkt zum Thema Mobilität/Mobilitätsgeschichte. Das
legt auch ein Ausloten von thematischen Querverbindungen zu anderen Aspekten nahe...
["In Bewegung": Notizen]
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