log #418: kuratorium für triviale mythen | mobilitätsgeschichte I

Falls Sie, wie ich, in den 1950er-Jahren geboren wurden, haben Sie Großeltern, die aus dem 19. Jahrhundert stammen. Jetzt leben wir im 21. Jahrhundert und blicken daher auf jenes gut überschaubare Stück Geschichte zurück, in dem sich die Massenmotorisierung anbahnte, sich in den wohlhabenden Ländern der Welt durchsetzte, um uns heute vor einige recht radikale Fragen zu stellen.

Eines der zentralen Themen dieser Geschichte lautet „individuelle Mobilität“ als ein soziales, kulturelles, technologisches und politisches Phänomen.

Wir werden im Herbst 2013 in der oststeirischen Stadt Gleisdorf einen Veranstaltungsschwerpunkt zum Thema Mobilität erleben, für den ich einige Beiträge vorbereite.

Ich zeige Ihnen hier unter anderem einen wichtigen Abschnitt unserer Mobilitätsgeschichte, nachgestellt mit Modellautos. Das mag Ihnen auf Anhieb ziemlich kurios erscheinen. Vertrauen Sie mir bitte! Wenn Sie dieser Schilderung ein Stück weit folgen, wird Ihnen dämmern, warum es hier so, auf diese spezielle Art, geschieht.

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Vor Jahren konstituierte sich in der Oststeiermark das „Kuratorium für triviale Mythen“. Dabei begannen einige inspirierte Leute mit einer Mischung von Ernsthaftigkeit und Augenzwinkern ein dickes Bündel an Themen und Geschichten auszuleuchten, auszuloten. (Getragen vom „kultur.at: verein für medienkultur“)

Auch bei der soziokulturellen Drehscheibe „kunst ost“ kommt dieser Themenkomplex immer wieder zur Sprache. Mit dem Kulturbüro der Stadt entstand der „Kulturpakt Gleisdorf“, eine Arbeitssituation, die aus der „Mobilitätswoche“ von 2012 heraus nun, 2013, in einen herbstlichen Veranstaltungsschwerpunkt mündet.

Der große Themenkomplex individueller Mobilität berührt, wie eingangs erwähnt, soziale und kulturelle Fragen, hat politische Brisanz, ist technischer und wirtschaftlicher Natur, hat massive ökologische Implikationen.

Wir wissen alle längst, daß wir nun daran gehen sollen, unsere lieben Gewohntheiten in diesen Bereichen zu verändern. Allein schon weil Kostenfragen und ökologische Probleme uns das aufzwingen. Die Menschen ziehen immer stärker in Städte, in Ballungszentren, wo der individuelle Automobilverkehr sich rasant verteuert und der Raum dafür sprunghaft verengt.

Zugleich wird die individuelle Mobilität (ohne Auto) vor allem auf dem Lande zum wachsenden Problem, wo Kommunen und Länder den öffentlichen Verkehr vernachlässigen, weil ihnen diese Art der „Grundversorgung“ als zu teuer erscheint.

Unsicherheiten im Preisgefüge der Erdölproduktion und bezüglich der noch erreichbaren Mengen ergeben nur eines der Kräftespiele, durch welche individueller Automobilbesitz wieder so teuer und aufwendig zu werden verspricht, wie er es am Anfang dieser Geschichte war.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist sehr gut situierten Minoritäten vorbehalten gewesen, „Autler“ zu werden. Für Leute meiner Herkunft war das Fahrrad eine großartige Möglichkeit, sich rühren zu können. Was geschah danach? [Fortsetzung folgt!]

Das Foto zeigt ein Modell im Maßstab 1:43, und zwar den Daimler LKW von 1896. Zu der Zeit gab es noch kaum Automobile. Auf dem Fahrrad-Sektor fanden gerade die "Niederräder" Verbreitung. Erst rund zehn Jahre später begann bei uns die Automobilproduktion in Kleinserien. "Klein" meint hier meist sechs bis zehn Fahrzeuge. Dieser Daimler-Wagen ist im Grunde eine motorisierte Kutsche, noch kein "modernes" Fahrzeug.

[Das Gehen, Reiten und Fahren] [kuratorium für triviale mythen]


coreresethome
14•13