log #415: :lebenskonzept Der feine Unterschied macht den guten
Geschmack oder warum Sie sich die Kunst doch auf der Zunge zergehen lassen sollten.
Von Helmut Rabel
Gewiss schätzen Sie die Vielfalt, genießen die Nuancen,
bevorzugen auch bei der Nahrungsaufnahme die Abwechslung und eine Wiese mit
unterschiedlichen Gräsern und Blumen liegt Ihnen näher am Herzen als eine uniformierte
Monokultur.
Gewiss ist es Ihnen auch sehr angenehm, wenn Sie zwischen einer feindifferenzierten
Palette an Möglichkeiten und Alternativen wählen dürfen, anstatt nur auf die eine,
einzige Chance zugreifen zu können. Es inspiriert Sie wohl auch, unterschiedlichen
Weltsichten und Lebensentwürfen zu begegnen, deren Buntheit Sie mit größter
Wahrscheinlichkeit zu neuen Perspektiven und Denkweisen inspiriert.
Das mittlerweile zur Tradition avancierte April-Festival
von Kunst-Ost beschäftigt sich 2013 in diesem Sinne mit der Schönheit der Vielfalt und
bietet Ihnen die Möglichkeit, über den Rand der existentiellen Notwendigkeiten hinaus
einen Blick auf das Reich der Vielgestaltigkeit und Unterschiedlichkeiten zu werfen.
Dass nur der Unterschied den feinen Unterschied macht, das
weiß jeder Genießer, Kenner und Liebhaber des differenzierten Geschmacks. Jede gute
Köchin versteht etwas davon, jeder Handwerker, der sein Fach beherrscht, kann ein Lied
darüber singen und der Einsicht in das Feine sei Dank, weiß auch jeder Chirurg, dass
sogar ein Nanomilimeter einen entscheidenden Unterschied machen kann. Auch wenn es gerade
in der Kunst nicht um Leben und Tod geht, um die Lebensgüte geht es allemal, ist es doch
die Unterscheidungsfähigkeit, die uns vom Einheitsbrei des ewig Gleichen und Einzigen
erlöst und jene Kompetenz lehrt, die uns stilsicher aus dem Vollem der mannigfaltigen
Angebote schöpfen lässt. Es ist der Kunst und Kultur zu verdanken, die uns in dieser
förderlichen Fähigkeit trainiert und uns seit tausenden von Jahren mit ihrer Erfahrung
und ihren elaborierten Techniken zur Verfeinerung und Hebung der Lebensqualität zur Seite
steht.
Der Kunst ist das Normgrau und Einerlei fremd, sie kennt
die zartesten Nuancen, hat eine Sprache dafür und weiß das Spektrum der Möglichkeiten
für den jeweiligen Zweck zu nützen. Das erweitert die Ausdrucksmöglichkeiten und damit
natürlich die Lebenschancen. Sie ist das exemplarische Anwendungsfeld dieser Problematik,
weil künstlerische Produkte primär darauf angelegt sind, Wahrnehmungsvermögen,
Unterscheidungsfähigkeit und Urteilskraft herauszufordern. Die Kunst ist das
Wirksamwerden von Unterscheidungen und der daraus hervorgehenden Bedeutungen.
Bedeutung durchaus als Sinngebung zu verstehen
entsteht ja prinzipiell nur dadurch, das etwas mit Unterschiedlichkeiten
konfrontiert wird. Welche Bedeutung ein Objekt, sagen wir ein Auto, z.B. hinsichtlich
seiner Einzigartigkeit hat, kann ich ja nur bestimmen, wenn ich es mit anderen Autos
vergleiche. Ein Objekt wird also dementsprechend bedeutsamer, je mehr Anlässe zu
Unterscheidungsmöglichkeiten es bietet und welche Kriterien der Differenzierung einem
dazu zur Verfügung stehen. Erst dann beginnt die Welt zu sprechen und dazu braucht es
notwendigerweise die Vielfalt der Unterschiede. Stil und Geschmack zu haben und lebensfit
zu sein, bedeutet so gesehen nichts anderes, als über ein feindifferenziertes
Unterscheidungsvermögen zu verfügen, um sich die Welt maßgeschneidert aneignen zu
können. Der Künstler ist ein Fachmann der Differenzierung.
Wer aber den Unterschied zwischen einer
wohlproportionierten Komposition zum Beispiel und einem hingeworfenem Chaos gar nicht
erkennt, wird diesen Unterschied dementsprechend auch nicht genießen können. Das lässt
sich auf alle Bereiche des Lebens beziehen, egal ob auf die Sprache, die Architektur,
hinsichtlich des Lebensstils, eines Fernsehprogramms oder eines Autoreifens. Es ist der
Unterschied, der die Kunst und die Bedeutung macht, also sagen Sie bitte niemals einfach
nur Topfen zum Topfen. Ihre Topfennockerl werden es Ihnen danken und dies lustvoll dem
Gaumen vermitteln. Kunst heißt, einen Unterschied machen zu können und dazu braucht es
die Vielfalt. Genau das wollen wir Ihnen 2013 bieten.
Doppelter Weg
27. April 2013, 15:00 Uhr
Stadtspaziergang
8200 Gleisdorf, Hauptplatz 1
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