log #388:
kunst.rasen: kulturpolitikDie soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich
wird in der Branche zwar gerne beschworen, aber kaum je konkret dargestellt. Eigentlich
wissen wir nie genau, womit wir es zu tun haben, selbst wenn wir unter uns sind. Klartext
unbd Transparenz sind die Ausnahmen.
Bei Kunstschaffenden scheint der Freelancer-Modus wie eine
"Qualitätsmarke" gehandelt zu werden. Das ist natürlich Mumpitz. Es gibt in
Österreich nur eine geradezu winzige Minorität von Freischaffenden, die aus nur
künstlerischer Arbeit ein akzeptables Jahreseinkommen erzielen. Dieser Typus ist die rare
Ausnahme, kann also kein Rolemodel für die Kunstschaffenden abgeben.
Es gibt ferner etliche Freelancers, formal: EPU, also "Ein-Personen-Unternehmen",
die ihre Haupteinnahmen für ein Jahreseinkommen im kunstnahen Bereich lukrieren. Ich bin
selbst ein Beispiel für diesen Typ. Da sind die Einnahmen aus künstlerischer Arbeit
quasi das Zubrot.
Dabei bietet mir der Staat zwei Modi:
a) Kleinunternehmer
b) Ich hol mir eine UID-Nummer und schupf den Laden.
"Kleinunternehmer sind Unternehmer, die Wohnsitz oder Sitz in Österreich haben
und die Umsatzgrenze von 30.000,-- jährlich nicht überschreiten." [Quelle]
REALISMUS: FINANZAMT (GROSSE ANSICHT)
Ich darf betonen: Umsatz ist NICHT Einkommen/Profit. Umsatz
ist die gesamte Geldbewegung. Was mir davon nach allen Abgaben und Ausgaben,
geschäftlichen Aufwendungen bleibt, ist mein Einkommen.
Meine Erfahrung besagt: Einnahmen minus 50 Prozent ist das
Maximum, was mir an Profit gelingt. Zwölf Monate Hackn ohne gesicherten Urlaub
und Krankenstand für netto 15.000,- Euro... lieber nicht! Meine UID-Nummer lautet
ATU51877606. Und drücken Sie mir bitte die Daumen, daß da geschäftlich nichts schief
geht, denn Reserven sind keine da.
Eine Überlebensstrategie, die allerhand Tapferkeit
verlangt, wäre es, den Status eines Notstandsempfängers zu ertragen. Dabei sind freilich
die Mittel sehr gering und die gesellschaftlichen Anfechtungen sehr hoch, das ist kein
Spaziergang. Bleiben wir also bei den laufenden Geschäften; auf daß sie weiter laufen
mögen.
Übrigens, die Differenz zwischen dem, was mir seit Jahren
zum Leben bleibt, und dem, was die Notstandshilfe ausmacht, ist bedrückend gering, ist
alles andere als ermutigend. Würde der Staat meine Rahmenbedingungen als freischaffender
Künstler sinnvoll verbessern, läge sehr viel mehr Motivation im Festhalten am laufenden
Geschäft, statt alles hinzuschmeißen und in's soziale Netz zu fallen.
Am laufenden Geschäft festhalten, das bedeutet unter
anderem, mit dem Finanzamt sehr klare, transparente Modi zu haben und durchaus geduldige
Fachreferenten, so lange man nicht versucht, sie an der Nase herumzuführen.
REALISMUS: SOZIALVERSICHERUNG (GROSSE ANSICHT)
Mit der Sozialversicherung ist das weniger gemütlich. Der
Modus ist vertrackt, selbst der SVA-Boss konzediert, daß dieses Reglement
schlecht sei und zurecht eines der häufigsten Konkurs-Risken der EPU = Ein-Personen-Unternehmen.
(Ich hab es HIER schon einmal thematisiert.)
Nun hab ich ja zur Zeit geschäftlich ganz gute Jahre. Die
sind bloß mit einem kleinen Problem behaftet. Davor gab es ein paar geschäftlich miese
Jahre. Dafür waren Schulden zu begleichen, die betrieblich nicht absetzbar sind. Und
außerdem sind inzwischen für die besseren Jahren höhere Steuern, vor allem aber höhere
SVA-Beiträge fällig.
Was immer ich also derzeit einnehme, ist weitgehend
gebunden, um die Defizite der Vergangenheit auszugleichen. Rücklagen? Freistellung für
Urlaub? Investitionen? Geht nicht. Krankenstand? Ist nicht vorgesehen.
Die hier angehängten Bescheide zeigen:
+) Bis März 2013 darf das Finanzamt monatlich
917,- Euro von mir erwarten
+) Bis November 2012 darf die SVA bei mir zwei
Quartalsraten á 3.049,- Euro entgegennehmen, macht für das verbleibende Jahr 6.098,-
dividiert durch 5 (August bis Dez.) = 1219,60 Euro / Monat.
Das ergibt heuer noch pro Monat Euro 2.136,60 für Finanz
und SVA. Offen gesagt, ich weiß im Moment überhaupt noch nicht, wie sich das ausgehen
wird. Aber das genau ist bei Leuten wie mir business as usual; nicht zu wissen,
wie sich der Rest des Jahres ausgehen wird.
Zur Übersicht:
+) Vorschreibung Finanzamt
+) Vorschreibung SVA
[Wovon lebt der Krusche?]
core | reset | home
2912 |