log #376: ok alijansa Wir hatten kürzlich auf der Website von "kunst ost"
kuriosen Besuch: [link] Drei Personen fanden sich auf Kommentarleisten ein und zwei von
ihnen breiteten Texte aus, die ganz konkret auf eine Leugnung von Kriegsverbrechen im
letzten Bosnien-Krieg hinauslaufen.
Das schließt auch den prospektiven Freispruch
mutmaßlicher Kriegsverbrechern, wie etwa Radovan Karadzic, ein. Die drei Namen: Th.
Scöni ("Tom Production"), Thomas Heil und Safeta Sulic. Die
entsprechende Webpage bei "kunst ost": [link]
In Potocari, nahe Srebrenica, ruhen
tausende ermordete Moslems, die laut
Radovan Kradzic nur eine Erfindung bosnjakischer Propaganda seien
Haben Sie eine Vorstellung, was Holocaust-Leugner
sind und tun? Solche Menschen bestreiten, daß es einen staatlich organisierten
Ausrottungsversuch an Juden gab, der Millionen Tote gefordert hat.
Oder sie versuchen, dieses Faktum zu relativieren. Zum
Beispiel, indem sie die Zahl der Opfer herunterspielen und/oder den Opfern (Mit-) Schuld
am Vorgehen der Nazi und ihrer Gefolgsleute zuschreiben.
Die mildeste Ausprägung solcher Modi ist das "Ja,
aber!" in Debatten. Wird über derlei Verbrechen und die Opfer einer Seite
gesprochen, kommt schnell ein "Ja, aber...", mit dem Opfer einer
anderen Seite in die Debatte eingeführt werden.
Hartgesottene Leugner publizieren ihre Ansichten selbst.
Sie riskieren damit freilich in etlichen Ländern Gesetzeskonflikte, denn oft genug sind
solche Positionen mit Lügen unterfüttert. Da kann in manchen Fällen geklagt werden und
wird gelegentlich auch geklagt.
Moderatere Leugner gehen Umwege, um zwar das Leugnen von
Verbrechen weiter zu verbreiten, aber selbst möglichst nicht als Urheber der Leugnung in
Erscheinung zu treten. Ich zeige Ihnen, wie das geht.
In meiner Bibliothek steht u.a. "In unseren
Himmeln kreuzt der fremde Gott" von Alexander Dorin, veröffentlicht 2001. Der
Autor läßt darin Radovan Karadzic ausdrücklich feststellen, es habe in Srebrenica kein
Massaker gegeben.
An anderer Stelle darf Karadzic ausführen: "Die
9000 moslemischen Soldaten hatten Srebrenica verlassen und schlugen sich Richtung Tuzla
durch." Es sei noch drei Wochen später in der Region gekämpft worden. Er
behauptet also Tote von Srebrenica als Teile von Kampfverbänden. In einem Kapitel "Die
Frage der Kriegsverbrecher" wird dann überhaupt bestritten, daß es
Kriegsverbrechen geben könne, weil Krieg nun mal Krieg sei...
In dieser Argumentation werden etliche Punkte ignoriert,
die international außer Diskussion stehen. Das Hauptkriterium sollte auch Laien leicht
verständlich sein. Unsere Gesetze unterscheiden zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten.
Den Angehörigen regulärer Verbände sind Rechte und
Pflichten auferlegt. Pflichtverletzungen führen mitunter zu verbrecherischen Taten, die
von Gerichten geahndet werden können.
Th. Scöni führt den Autor Dorin gleich in seinem ersten
Kommentar am 26. Dezember 2011 um 19:25 Uhr ein. [link] Ich hab am 27. Dezember 2011 um um 12:13 Uhr noch möglichst
moderat eingewandt:"die beiden bücher aus dem ahriman-verlag habe ich in meiner
bibliothek. sorry! von deren seriosität bin ich nicht ganz überzeugt."
Um 17:56 Uhr notiert Scöni: "Ich
konnte an den beiden Ahriman-Büchern erhlich gesagt nichts unseriöses oder verdächtiges
festellen, im Gegenteil."
Auch die Links zum Srebrenica-Buch
von Dorin bringen das Trio, welches sich auf unserer Website hervorgetan hat, mit einem
dubiosen Verlag in Verbindung. Der Kai Homilius Verlag hat ein ungeschminktes
Nahverhältnis zu rechtskonservativen bis rechtsradikalen Kreisen.
Ergänzend: Auf skurrile Art lautet
ein Slogan des Ahriman-Verlages: "Unser Programm ist die Wiederkehr des
Verdrängten". An anderer Stelle wirbt der Verlag für ein Srebrenica-Buch von
Alexander Dorin und Zoran Jovanovic mit dem Satz: "Das »Srebrenica« der
Propaganda ist das Lügen-Auschwitz der NATO".
"Ahriman" ist übriges ein
Begriff aus der zororastrischen Theologie, der mit zerstörerischen Kategorien zu tun hat:
[link]
Dorins Ausführungen sind ein
verblüffendes Exempel dafür, mit welchen Mitteln der Rhetorik und der Darstellung
Kriegsverbrechen relativiert oder gar geleugnet werden können. Ich verwende hier keine
Energie darauf, die Motive solcher Menschen zu ergründen, es sollte genügen, ihre
Verfahrensweisen darzulegen und zu kommentieren.
der vorfall: [ok alijansa / notes #2: überblick]
[notes]
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