log #366: kunst ost Es ist nun rund ein Jahr her, daß die
Rahmenbedingungen des steirischen Kulturgeschehens markant an Ressourcen und verschiedenen
Qualitäten verloren haben. Eines der schmerzlichsten Defizite sehe ich im Bereich der
Kommunikation zwischen den verschiedenen Feldern.
Leider haben maßgebliche Leute in Politik und Verwaltung
unter steigenden Belastungen mehr und mehr Kommunikation nach außen aufgegeben. Umgekehrt
hat mein Milieu in der wachsenden Krisensituation nicht gerade höchste Kompetenz in den
Fragen nach Inhalten und Kommunikationsmöglichkeiten gezeigt.
Wir pflegen bei "kunst ost" laufend
Arbeitstreffen von unterschiedlicher Dimension, wie Plenartreffen (1. Foto oben) oder die
klein und auf Diskurs angelegten "talking communities" (2. Foto oben).
Von da her ist mir klar, es gibt ein sehr interessantes Potenzial engagierter Kunst- und
Kulturschaffender, die für gemeinsame Vorhaben erreichbar sind.
Jenseits davon gibt es eine Legion derer, die immer gerannt
kommen, wenn wo eine Ausstellung winkt: "Supa! Möchte ich dabei sein!"
Aber die treffe ich nie bei den langfristigen Vorarbeiten, dem Debattieren von Inhalten,
dem Planen, der Lobbyarbeit, der Akquisition von Geld und den Umsetzungsarbeiten.
Macht nichts! Hier trennt sich nun mehr denn je Spreu vom
Weizen. Wir sind momentan in hohem Maß auf uns allein gestellt, weil die Verantwortlichen
der Kommunen, wie sich zeigt, unter dem Abarbeiten ihrer jeweils hauseigenen Sorgen keine
Luft mehr haben, sich mit uns zu befassen. Das ist zwar problematisch und anfechtbar, denn
weder Politik noch Verwaltung sind Selbstzweck. Wenn deren Funktionstragende also keinen
Spielraum mehr haben, sich mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern zu befassen, ist viel
schiefgelaufen. Aber wen schert's? Wer will's hören?
Wie erwähnt, wir sind momentan weitgehend auf uns allein
gestellt und daher gefordert, einen Status quo zu erarbeiten, bei dem die Leute aus
Politik und Verwaltung später wieder andocken können. Ich will exemplarisch skizzieren,
wie Dinge zusammenkommen, wenn eh schon das Geld ausgegangen ist.
Die Situation Gleisdorfs, einer prinzipiell wohlhabenden
Stadt, kann vermutlich stellvertretend für die vieler Orte betrachtet werden. Wir wußten
seit Monaten, daß Winfried Kuckenberger, der ebenso erfahrene wie engagierte Leiter des "Büro
für Kultur und Marketing" in Pension gehen werde. Die Agenda des Büros kann
man hier nachlesen: [link]
Zugleich war klar, daß eine langjährige Mitarbeiterin,
Gudrun Müller, sich neu orientiert und das Büro verlassen wird. Darüber hinaus hat
Alfred Tieber, der "City Manager", demissioniert. Über die Nachfolge
in beiden Einrichtungen war geraume Zeit nichts zu erfahren.
Inzwischen ist klar, daß Gerwald Hierzi von der Stadt
engagiert wurde, BEIDE Bereiche zu übernehmen, das Kultur- und Marketing-Büro UND das "TIP
City Management". Er wird seinen Dienst im Februar 2012 offiziell antreten. Das
ist zwar eine gute Nachricht, weil Hierzi erfahren und kulturaffin ist, wahrlich keine
selbstverständliche Kombination in der Verwaltung; siehe dazu: [link]
Aber wir brauchen uns keinen Illusionen hingeben, seine
Arbeitszeit wird von den anfallenden Aufgaben eher überlastet als unterfordert sein.
Hinzu kommt, daß die einzige Kraft in diesem kommunalen Bereich, die schon längerfristig
mit unseren Projekten und Verfahrensweisen vertraut ist, Museums-Kustodin Sigrid Meister,
aufgrund ihrer Schwangerschaft bald in Karenzurlaub sein wird.
Das bedeutet, wir haben momentan keine formell zuständige
Ansprechperson in der Gemeinde, die mit solcher Art kulturellen Engagements gut vertraut
wäre. Das Kulturreferat mit seinem Ausschuß hat derweil andere Sorgen und ist vor allem
ausgelastet, mit den gemeindeeigenen Kultureinrichtungen die Kurve zu kriegen.
Das ist also in Summe ein strukturell initiierter, durch
einige alte Mängel begünstigter, vor allem aber sehr mächtiger Rückschlag im Bereich
von Kommunikation und Kooperation zwischen a) der Kommune und b) engagierten Bürgerinnen
und Bürgern. Es braucht wenig Phantasie, sich auszumalen, wie aussichtslos diese
Situation derzeit im etwas größeren Zusammenhang der "Kleinregion
Gleisdorf" ist.
Ich will damit deutlich machen: Wir müssen uns momentan
vollkommen klar darüber sein, daß wir weiteren Boden verlieren, falls wir tatenlos
bleiben, denn jeder Stillstand läßt schon errungene Qualitäten wegbröseln bis
wegbrechen.
Ich denke, wir müssen uns ein möglichst klares und
stichhaltiges Bild der kulturpolitischen Zustände auf den Ebenen des Ortes, der Region
und des Landes machen. Aufgrund dieser Befunde brauchen wir praktikable Handlungspläne.
Wir sollten bei der Umsetzung keine Zeit vergeuden.
Um so weniger werden wir verloren haben, wenn die gesamte
Situation sich stabilisiert hat, wenn zuständige Leute aus Politik und Verwaltung für
uns, unsere Arbeit und unsere begründeten Anliegen wieder erreichbar sein werden.
P.s.:
Zum Thema "begründete Anliegen" siehe: "erinnerung als kulturtechnik der menschwerdung"!
[kunst ost]
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