log #334: kunst ostEs gibt in der
"Kulturnation" Österreich an sehr vielen Ecken eine auffallende
Geringschätzigkeit gegenüber kulturellen Belangen und gegenüber kulturgestützen
Projekten. Das wird dann meist am spürbarsten, wenn die Gelder knapp geworden sind.
Warum darüber klagen? Wir Kunst-
und Kulturschaffende hätten schon vor Jahren beginnen können, konsequent und strategisch
an diesem Problemkomplex zu arbeiten. Das ist aber ausgeblieben. Was paßt nun zum
geliebten Schnitzerl? Die Nachricht "Jetzt haben wir den Salat!"
Diese launige Headline in "Der Standard" ist dem Thema
gewidmet. Warum launig? Daß die Steiermark ein "Land der Avantgarde"
sei, fällt wohl eher unter Geschichtsschreibung. Und daß es hier einen "Kulturkampf"
geben soll, ist mir noch nie aufgefallen; obwohl ich nun fast 35 Jahre diesem
Kulturbetrieb angehöre.
Es gibt eine Schmonzette, die man
nicht gesehen haben muß, in der an einer Stelle exemplarisch abgehandelt wird, was ich
vorzugsweise "Verschnöselung" nenne. In "Hudson Hawk"
greift Unternehmer Darwin Mayflower (Richard E. Grant) nach der Weltherrschaft.
In einer Konfrontation mit dem Helden sagt er emphatisch:
>>Geschichte, Tradition,
Kultur, das sind keine Konzepte. Das sind Trophäen, die in meiner Hölle stehen. Als
Briefbeschwerer.<<
Ich denke, das umreißt auch ganz
gut, womit wir es hier zu tun haben. Dabei können wir nun weiterhin jeweils im Alleingang
Partikularinteressen verfolgen. Oder wir können Allianzen bilden, die kultur- und
gesellschaftspolitische Konsequenzen zustande bringen. Der eingangs zitierte Artikel von
Colette M. Schmitd endet mit einer ganz erstaunlichen Passage
>>Doch anstatt gemeinsam
neue Töpfe auch in der EU zu suchen, schaue jeder nur auf sich selbst - so Hofers
trauriger Befund: "Der Kulturkampf hat längst begonnen. Buchmann war kaum da, da
haben die meisten Termine bei ihm gemacht, um für sich das Beste
auszuhandeln."<< [Quelle]
Das hätte sich einst schon unser
Kaiser Joseph II genau so gewünsch. "Kulturkampf? Gerne, meine Lieben. Aber
bitte nur beim zuständigen Landesrat!" Nein, ich halte gar nichts von
papierenem Säbelrasseln und von einer abgelutschten Kriegsrhetorik.
Man mag für sich künstlerisch
Autonomie fordern und auf soziokulturelle Agenda pfeifen. Das muß Kunstschaffenden frei
stehen. Aber das sind keine kulturpolitischen Positionen, sondern eben ... Angelegenheiten
der KUNST.
Wir erproben bei "kunst
ost" einen Arbeitsansatz, der sich nicht auf behauptete Pflichten stützt, wie
man sie sich von Institution zu Institution gerne zuruft oder über die Medien ausrichtet.
Wir versuchen Formen der Kooperation herbeizuführen, die von einem Bedürfnis nach
wechselseitiger Verpflichtung getragen sein sollen. Kooperieren heißt ja unter anderem,
mir ist nicht egal, was die Interessen und Bedürfnisse der übrigen Beteiligten sind.
Das ist zwar in Österreich kein
eingeführtes Modell, aber ich halte es für eine vielverspechende Zielsetzung. Die
Operette "Es bellen die Rebellen" haben wir in allen denkbaren
Varianten durchgespielt. Die Ergebnisse sind evident. Dazu gehören auf jeden Fall auch
eine weitgehende Fragmentierung des Milieus, Partikularismus, Mängel in der
Professionalität, Defizite in den Bereichen Kooperation und Paktfähigkeit.
So lange wir das als
"Szene" nicht bearbeitet haben, solange uns das pauschal angeheftet werden
kann, dürfte bei der Kulturpolitik nichts zu erreichen sein. Ja, ich weiß schon, die
Kunst muß nicht müssen. Die Landespolitik freilich auch nicht. Lesen Sie das Landeskulturförderungsgesetz!
§3 (7) Auf die Gewährung von
Förderungen nach diesem Gesetz sowie auf eine bestimmte Art oder Höhe der Förderung besteht
kein Rechtsanspruch.
Man kann, man könnte, man müßte
vielleicht, aber man muß nicht. So schaut's aus. Genau DESHALB finde ich es interessant,
über Kooperation als einen Modus wechselseitiger Verpflichtung nachzudenken und
Schritte in diese Richtung praktisch zu erproben.
Auftakt der "Talking
Communities" in einem Schaufenster in
Novi Sad (Serbien), hier mit Publizist Igor Buric (Foto: art klinika)
Um darin etwas voran zu
bringen, sind Debatten, Verständigungsschritte und Präsenz nötig. Es geht auch darum,
im öffentlichen Raum Stellung zu beziehen, laufend an öffentlichen Diskursen
teilzunehmen.
Das haben wir nun über Jahre auf
verschiedene Weise gepflegt. Aktuell verdichten wir es im Weg der "Talking
Communities", einer Kooperation von "kunst ost" und
"kultur.at": [link]
Das hinterlegen wir gerade mit einer aktuellen Reflexion, WAS denn "Netzkultur"
sei und von uns verlange: [link]
Ich denke, die Orientierung wird daraus deutlich:
Kompetenzgewinne, Synergien, Kompensation von Strukturmängeln und Standortnachteilen
durch smarte Konzepte und Kooperation. Zum Glück müssen wir damit nicht erst heut und
nicht erst bei Null beginnen ...
[kunst
ost]
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