log #193: next code: asking

Das „Web" ist ein „Nicht-Ort", also eine „U-Topie". „Netzkunst" ereignet sich in den Netzen und in vernetzten Maschinen. Das suspendiert aber nicht die Fragen nach unserer leiblichen Anwesenheit an konkreten Orten, denn dort werden unter anderem kulturpolitische Fargestellungen verhandelt.

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Die Gegenwartskunst kann abseits des Landeszentrums, in der sogenannten „Provinz", weder gezeigt, noch debattiert werden, falls wir darauf verzichten, auch ihre Bedingungen zu erörtern. Das beginnt schon beim Fehlen gemeinsamer Begrifflichkeiten dessen, was Kunst sei. Die neue Mediensituation der vergangen 20 Jahre hat daran hier in der Region nichts geändert. Darum ist unser aktueller Beitrag zur NCC09 hauptsächlich einigen Grundlagen gewidmet.

Die „Netzkunst" ist in ihren Ursprüngen ein Medienphänomen, das auf binär codierten Maschinen beruht. Das Neue an der Situation ist eben dieser gemeinsame Code, der uns (ursprünglich) völlig separierte Genres mit gemeinsamen Maschinensystemen bearbeiten läßt. (Stichwort: Medienkonvergenz!)

Diese Basis der EDV-gestützten Datenübertragung, Informationsverarbeitung, Rezeption und Kommunikation hat inzwischen unser aller Alltag duchdrungen. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Aspekten basieren allerdings auf älteren Medienformen und Medienkompetenzen.

Wie erzählen wir einander die Welt? Welche Mittel (Medien) verwenden wir dazu? Welche Auswirkungen zeigen neue Technologien, sobald sie in einer Massengesellschaft Verbreitung gefunden haben?

Diese Fragestellungen beziehe ich auf die Annahme, daß Werkzeuge bei ihrer Verwendung auf uns verändernd zurückwirken. Bei der ersten NCC im Jahr 2001 habe ich den bosnischen Autor Dzevad Karahasan eingeladen, daß er uns am Beispiel des griechischen Dramas grundlegende Fragen zum Themenkomplex Kommunikation und Medien darlegen möge.

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Eine eigene Ereignislinie des Projektes „next code" ist dem Begriffs-Trio „Memory, Truth, Vision" gewidmet. Erinnerung, Wahrheit und Vision als menschliche Phantasmen, mit denen Kommunikation geregelt und „Wir-Konstruktionen" errichtet werden. [link]

Live in Gleisdorf:

Das sind wiederum Zusammenhänge, die uns im heurigen NCC-Beitrag der kroatische Autor und Medientheoretiker Nenad Popovic in seinem Vortrag darlegen wird. Der Zusammenhang von Medien und Manipulation scheint vielen Menschen geläufig. Doch wie gut sind wir gerüstet, solche Zusammenhänge zu erkennen und darauf zu reagieren?

Das mediale Hauptereignis während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war bei uns vermutlich die Einführung des Radios als zentral geregelte Propagandamaschine: Ein Sender, viele Empfänger. (Der „Volksempfänger" hatte in der Nazi-Ära den treffenden Spitznamen „Goebbels-Schnauze.)

Doch Radio war davor etwas ganz anderes, wovon heute kaum noch erzählt wird. Seit das österreichische Rundfunkmonopol fiel, eröffnet dieser Medienbereich außerdem seit dem Ende der 1990er-Jahre neue Optionen. Der Kunstkurator und Medientheoretiker Reinhard Braun wird uns deshalb an einem Abend die Frage „Was ist Radio?" beantworten.

Abschließend besucht die Grazer NCC-Crew Gleisdorf und trifft sich zu einem Arbeitsgespräch im „forum KLOSTER". Dazu liefert Gabriele Gerbasits, die Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, einen einleitenden Impuls zum Denkmodell und Themenzusammenhang „Zentrum/Provinz".

Martin Krusche

[next code: asking] [netART community convention]


coreresethome
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