log #131: kunst o.st

Zur Eröffnung
(Die "3 von 3": "auf.draht" in Weiz)
Von Mirjana Peitler-Selakov

Die Kulturinitiative kunst o.st befindet sich im dritten Jahr ihres Bestehens, beim dritten von drei geplanten Auftritten im Kollektiv. Diesem „3 von 3" gingen im April 2008 der „2 von 3" und im November 2007 „1 von 3" voraus.

In dieser Zeit versuchte sich die Initiative als ein Netzwerk oststeirischer Kunst- und Kulturschaffender zu einer selbstverwalteten Gemeinschaft zu entwickeln. Wie bei jedem „sozialen Organismus" ist vieles dabei, selbst die Genese, noch nicht beendet. Einige Probleme treten neu auf, andere werden gelöst, die Besetzung fluktuiert, aber einige temporäre, sehr funktionsfähige Subgruppen bilden sich heraus. So auch die Gruppe, die sich ab heute in den Schaufenstern der Weizer Innenstadt präsentiert.

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Und obwohl in Schaufenstern ausgestellt, kann man Kunst nicht nur einfach konsumieren. Kunst ist immer ein Appell an das Weiterdenken. Wer selber die Augen und Ohren offen hält, lernt auch als Rezipient, die Kunst anders wahrzunehmen. So finden wir beim genaueren Beobachten der Werke in den Ausstellungen von auf.draht, Kunstschaffende, die sich in der Art des Teilhabens sehr unterscheiden.

Einige davon nehmen aktiv an Diskursen teilnehmen, ihr ganzes Leben der künstlerischen Arbeit gewidmet. Andere sind diesbezüglich eher durch eine passive Teilhabe charakterisiert, durch eine sehr persönliche Form der künstlerischen Reproduktion, die sich zum Teil aber über die reine Rezeption hinaus handelnd vollzieht. Ob eher aktiv oder passiv den weitreichenden Prozessen der Kunst gewidmet, beide Arten der künstlerischen Existenz haben in der Initiative "kunst o.st" ihren Platz gefunden.

Trotzdem sollte darauf geachtet werden, dass die Initiative nicht mit dem Attribut „pflegeleichte Kultur" assoziiert werden kann. Besonders hier, weitab vom Ladenzentrum, ist es wichtig, Kultur nicht nur als Gelegenheit der beliebigen freien Meinungsäußerung zu pflegen -- so wichtig freie Meinungsäußerung auf jeden Fall ist --, sondern auch zu versuchen, dass bestimmte Auseinandersetzungen im Bereich des politischen Handelns zum Zuge kommen. Und damit meine ich ausdrücklich nicht „Parteipolitik", sondern Gesellschaftspolitik von mündigen Bürgerinnen und Bürgern.

Der entscheidende Punkt, den eine Initiative wie kunst o.st erreichen sollte und zum Teil schon erreicht: Es handelt sich um die Transformation der Kulturarbeit selbst, so dass diese keine politischen Bewegungen mehr initiiert, sondern Forderungen aus der Region unterstützt und sich für mehr Lebensqualität einsetzt. Denn

die Kultur eine Region ist nicht mehr zu trennen von den Erneuerungen einer Region.

Die KulturarbeiterInnen sind intermediär zu sehen, als jene, die zwischen den strukturellen, politischen und gesellschaftlichen Bereichen stehen und in Dialoge mit diesen Instanzen treten. Nur über Dialog, auch mit Wirtschaftsunternehmen, Verwaltung und Politik, können sie Einfluss auf die Schaffung von Perspektiven und auf die Entwicklung einer Region nehmen.

Konkret hier, in Weiz, in der Ausstellung in der Stadt, finde ich gerade die Nutzung von Schaufenstern besonders raffiniert. In der Stadt sind Schaufenster etwas, was zum Hinschauen auffordert. Jeder kennt die große Frustration, wenn man in ein Schaufenster blickt und es ist leer. Ich finde, Schaufenster sind besonders geeignete Orte für KünstlerInnen, bei denen es sich lohnt, sie sich mit eigenen Werken zwischenzeitlich anzueignen. Zugleich eröffnen Kunstschaffende so den EinwohnerInnen die Möglichkeit, ihren Stadtteil anders wahrzunehmen.

Es macht einen großen Unterschied, ob sich eine Gruppe von Kunstschaffenden zugunsten größerer Partizipationsmöglichkeiten in die Stadt hinein öffnet, oder sich nur in für die Kunst tradierten Plätzen bewegt.

Die Kunst im Schaufenster eines Geschäftes auszustellen hat nichts mit der betriebswirtschaftlich effizienteren Ökonomisierung der Kunst zu tun. Es hat aber wohl mit einer Demokratisierung der Kultur zu tun. Die Ökonomisierung beabsichtigt nur eine Ausweitung des Marktes, während Demokratisierung auf die Intensivierung der Teilhabe zielt. Der geistige Gehalt von Kultur ist prinzipiell nicht käuflich.

Die Wahrnehmung von Kunst im öffentlichen Raum änderte sich mit dem Anspruch der Demokratisierung von Kunst in den 1960er- und 70er Jahren. In den späten 1960er Jahren haben eine Reihe an Funktionstragenden in Kultur und Kunst die Forderung „Kultur für alle!" ausgerufen. An vielen Orten dachte man über Kunst im ländlichen Raum nach und richtete in vielen der Kulturverwaltungen dafür Stellen ein. Heute engagieren sich zahlreiche kommunale Kulturbüros in Sachen Kunst, führen Kunstwettbewerbe durch und präsentieren medial ihren Kunstbestand.

Der Wandel von der „Spaßgesellschaft" zu einer Gesellschaft, die wieder Sinnzusammenhänge sucht, führte mit Beginn des 21. Jahrhunderts zu einer neuen Befragung regionaler Kulturwerte. Kunst außerhalb der Zentren gewinnt so einen erweiterten Stellenwert.

Die Idee des Wandels städtischen Raumes rund um das Kunsthaus Weiz in eine „Kunstviertel", wie das Herr König vom Stadtmarketing-Büro Weiz in einem Gespräch mit den Kunstschaffenden der Initiative kunst o.st erwähnt hatte, brachte eine Gruppe von Kunstschaffenden auf Idee, ihre Werke in Schaufenstern des zukünftigen „Kunstviertels" auszustellen. Durch diesen neue Ort des Ausstellens wird versucht, das gewöhnlich nach innen orientierte Kunstgeschehen stärker zum öffentlichen Raum hin aufzumachen.

[kunst o.st: "3 von 3"] [Mirjana Peitler-Selakov]


coreresethome
18•09