Eröffnung. Der Bürgermeister. Keineswegs eine
Standard-Eröffnungsgerede, sondern ein sehr persönlich gehaltenes Statement zu dieser
Kunst-Sache, welches den ausdrücklichen Wunsch enthalten hat: "Ich hoffe, es
wird auch ein viertes Festival geben." Denn dies ist die "3von3". (Auf
Helmut Kienreich werde ich hier noch zurückkommen.) Die dritte von drei geplanten
Stationen einer losen Gemeinschaft in der Region:
+) 1von3" = next code: flow"
+) 2von3" = pomale"
+) 3von3" = auf.draht"
Das Ausloten der gesamt vorhanden Intentionen, Vorhaben und
Möglichkeiten. Eine vorläufige Bestandsaufnahme hat das auf jeden Fall ergeben. Grenzen
und Perspektiven erscheinen nun deutlicher als davor.
Am 17. April ist also der Weizer Schwerpunkt
des Festivals eröffnet worden. Diesen Teil hat Walter Köstenbauer konzipiert und
umgesetzt. Eine schwierige Situation in einer kniffligen Topographie. Zwei Fixpunkte des
Kunstgeschehens mit "Indoor-Lösungen", die Musikschule und das Kunsthaus,
dazwischen Wegstrecken und eine verschlungene Linie von Schaufenstern, die zu bespielen
waren.
Auf dem Weg zur Vernissage diese Weizer Besonderheit, Konsequenz eines
innerstädtischen Industriestandortes, aus heutiger Sicht völlig anachronistisch, wenn
man über Stadtentwicklung nachdenkt, zugleich aber für mich ein wuchtiges
sozialgeschichtliches Ereignis.
Auf diesem Weg werden durch die Kapruner Generatorstraße Schwertransporte
abgewickelt, um die Elin-Werke mit Material zu versorgen und fertige Transformatoren aus
der Stadt zu schaffen.
Das ist durchaus erwähnenswert, weil Kunstschaffende ab und zu gerne
vergessen, welche sozialen Voraussetzungen das Leben in künstlerischer Praxis hat. So man
nämlich das Leben eines Eremiten eher meidet, der eventuell eine Höhle bewohnt, Gras und
Würmer frißt, bleibt die Kunstproduktion auf ein Mindestmaß an Wohlstand angewiesen.
Da fehlt aber noch die Publikumsseite und jene von möglicher
Käuferschaft, wohin Kunstwerke angeboten werden können. Bloß zur Rezeption oder auch
zum Kauf. Sehen Sie den Zusammenhang?
Orte der Kunstvermittlung, Zeit und Muße für ästhetische Erfahrung und
ein wenig "Mehrwert", um gelegentlich ein Kunstwerk kaufen zu können, setzen
eine ökonomische und soziale Entwicklung voraus, die Menschen dazu befähigt.
Das steht also implizit am Beginn dieses Kunstfestivals zumindest
als Fußnote da, wie die oben gezeigte Lokomotive mitten in der Stadt, tonnenschwerer
Ausdruck einer wirtschaftlichen Entwicklung, ohne die Leute meiner Herkunft keinen Zugang
zur Kunst und zu Kunstwerken erhalten hätten.
Und das ist ein wichtiger Punkt, wenn ich an die Stadt Weiz denke, eine
Industriestadt, von einer sozialdemokratischen Geschichte geprägt. Das bedeutet,
ursprünglich von (historisch betrachtet) gesellschafts- und bildungspolitischen Idealen
getragen, in denen genau das eine große Bedeutung hat: Gewinn an
Reflexionsvermögen, Emanzipation gegenüber den "alten Eliten", die sich einst
Bildung und Kunstgenuß vorbehalten haben, während der Rest der Bevölkerung sehen
konnte, was sich nach einem langen Arbeitstag noch ausgeht.
Wenn also Bürgermeister Helmut Kienreich an diesem Abend die
Vernetzungsarbeit Kulturschaffender, dieses gemeinsame Auftreten und längerfristige
Entwickeln von kulturellen Vorhaben ausdrücklich begrüßt hat, dann möchte ich es von
ihm in dieser sozialdemokratischen Tradition gedacht verstehen. Als eine Betonung, das ein
reges geistiges Klima eben AUCH auf ein zeitgemäßes Kunstgeschehen angewiesen ist.
Aber das ergibt und ereignet sich nicht von selbst. Es wird auch nicht
"vom Staat" oder einer anderer Institution herbeigeführt, weil die, wie manche
gerne herbeten, "einen Kulturauftrag" hätten. Das entsteht erst, wenn zwischen
den drei Sektoren (Staat, Markt und Zivilgesellschaft) eine Verständigung gelingt und
folglich Kooperationen zustande kommen. Das ist eines der soziokulturellen Themen, denen
"kunst O.ST" im Kern gewidmet wurde.