Log #94Hier noch ein
kleiner Rückblick auf die Session, mit der unter dem Titel "Die wehrhaft'
Nachtigall" der rassistische Priester Ottokar Kernstock zur Debatte stand. [link]
In Gleisdorf ist die Kernstockgasse unkommentiert. Ein Manko. Noch schlimmer erscheint
mir aber ein so verharmlosender Kommentar, wie er in Graz zu finden ist. Damit zeigt die
Stadtverwaltung ihre Weigerung, die Dinge das sein zu lassen, was sie sind. Hier also: Ein
literarisch völlig unerheblicher "Gebrauchsdichter", der in etlichen seiner
Texte zur Menschenverachtung ermutigt hat. Dem wird diese Tafel keineswegs gerecht.
Wir gehen nun auf unsere letzte Station im Rahmen der
"regionale 08" zu. Dabei wird zum Auftakt eine Videominiatur gezeigt, in welcher
der österreichische Künstler Christian Eisenberger und der rumänische Künstler Romelo
Perlovici zu Wort kommen. Danach bitte ich die Autorin Evelyn Schalk und den
Raumproduzenten Dieter Spath zur Debatte. |
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Zum Abschluß des Abends wird uns ein Targi zeigen, wie man bei den
Tuareg Tee zubereitet. Mit dieser Session endet freilich unser Augenmerk auf die
Ost-West-Belange keineswegs. Ich habe HIER gerade ein kleines "LED ART"-Feature
raufgeladen. Es handelt von einer der radikalsten Kunstgruppierungen Serbiens, die in der
Ära Milosevic um Positionen gerungen hat, sich den Tendenzen dieser Regierung zu
entziehen, auch entgegen zu stellen.
Wenn ich in meinem Umfeld von Kunstschaffenden "radikale Töne" höre,
verschwimmt das leicht vor dem Hintergrund dieser so unterschiedlichen Bedingungen, unter
denen Menschen überprüfen, was ihnen die Kunst sein kann und was mit solchen Mitteln
getan werden will.
Eine völlig andere Form radikaler Positionen liegt in dieser alten Kulturform, dem
Tätowieren. Hier Herbert
Hoffmann, einer der renommiertesten Tätowierer Europas. Er war dieser Tage in
Gleisdorf zu Gast bei der "2nd Styrian Tattoo Convention". (Ich habe mit ihm ein
Gespräch geführt, über das es ein Video geben wird.)
Radikalität hat auf diesem Feld Erscheinungsformen, die einen auf Anhieb vertören
können. Selbstverständlich sind das Positionen, an denen massiv in Frage gestellt wird,
was eine Gesellschaft mit "Normalität" meint und als wünschenswerte
Eigenschaften von Menschen betont.
Da wurde übrigens auch in diesem "historischen" Stil gestochen, durch ein
sanftes Hämmern auf ein Holzstöckchen mit einer Nadel. (Hier ist nicht von
Jahrhunderten, sondern von Jahrtausenden menschlicher Kulturgeschichte die Rede.)
Sollten Qualitäten wie Offenheit, Toleranz, Fröhlichkeit und
Friedfertigkeit angesehene Werte darstellen, wird sich so manche Bierzeltgeschichte und so
manchers Feuerwehrfest heimischen Zuschnitts mit dieser Convention niemals messen können.
Bei der Gleisdorfer Veranstaltung, die nun zum zweiten Mal mehrere tausend Menschen
angelockt hat, stand das Modifizieren des eigenen Leibes und/oder des eigenen Fahrzeuges
im Fokus. Rund um diese Optionen war eine internationale Community zusammengekommen,
Menschen von mehreren Kontinenten.
Teil der Convention war auch eine Hot Rod-Show und ein "Speed Race" auf der
"Viertelmeile". Keine Maschine hat das Antlitz der Erde so gründlich verändert
wie das Automobil. Natürlich ist es demnach nicht bloß nützliches Mittel, sondern auch
Kultgegenstand und Projektionsfläche. Ego-Booster und Prothetik. Reichlich Anlaß zur
Nutzung und Deutung. (Die Dokumentation dieser Veranstaltung befindet sich HIER Im Web.)