Umtriebigkeiten
Von Martin Krusche
Wenn die Kunst etwas ist, das sich in einem Möglichkeitsraum
menschlicher Gemeinschaft manifestiert, kann für dieses Ganze, in dem sich die conditio
humana ausdrückt, eine einzelne Person nicht so rasend von Bedeutung sein. Auch wenn es
sehr populär ist, einzelne Künstlerpersönlichkeiten herauszustellen und ihnen Werke
eindeutig zuordnen zu können. Aber genau das ist innerhalb der Menschheitsgeschichte ein
eher junges Phänomen.
Ich habe selbstverständlich eine sehr konkrete Beziehung zu dem, was
man sich unter meinem vre vorstellen darf. Ich kann jedoch nicht sehen,
daß jene Grenzen all zu scharf oder zu dicht wären, wo die Vorleistungen Anderer in mein
Tun hereinwirken. So läßt sich zwar feststellen, welche Artefakte definitiv mit meinen
persönlichen Handlungen in Verbindung stehen. Überprüft man diese Artefakte jedoch auf
ihre Inhalte hin, sind persönliche Zuschreibung und Exklusivität keine relevanten
Kategorien mehr.
Aber was wäre selbstverständlicher als genau diese Durchlässigkeit
künstlerischen Tuns?
Ich denke zum Beispiel an Kasimir Malewitsch, der sich für die
schlichten Arbeiten russischer Bauern begeistert hat. Ich denke an Ryunosuke Akutagawa,
für den es ganz naheliegend war, sich an Formen und Inhalten klassischer japanischer und
chinesischer Literatur zu schulen. Ich denke an François Truffaut, der während seiner
Dreharbeiten an Fahrenheit 451 alltäglich Filme von Alfred Hitchcock sah.
Es ist mir ein ganz vertrauter Zustand, in die Werke anderer verwoben
zu sein und ständig über diese Felder zu streifen.
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