Massenmobilität: Phänomen FIAT
Im Europa der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Automobile eher für
reiche Leute gemacht. Anders Amerika, wo Henry Ford mit dem Model T in Serienfertigung
schon bald die Preise erschwinglicher Cyclecars" unterbot. (Er zielte von
Anfang an auf eine Massenmobilisierung.)
England hatte allerdings schon 1922 einen Austin Seven, den es in Deutschland
ab 1929 auch als Dixi gab. Frankreich bot im gleichen Jahr den Citroen C 5CV, welchen Opel
bald darauf einfach abkupferte (Laubfrosch"). Ansätze zu preiswerten
Automobilen.
In Österreich war 1922 der kleinste" Steyr, nämlich der Typ IV,
keineswegs ein Kleinwagen. Erst 1932 brachte man da einen kompakten Opel-Steyr"
(Stoppel") auf den Markt, der sich aber nicht gut verkaufte. Ich tippe: Für
die reichen Leute zu klein, für die kleinen Leute zu teuer.
Der vorzügliche Steyr 50 (Baby") von 1936 wurde damals als
Kleinwagen" verstanden, war aber der Mittelschicht vorbehalten. Er verschwand
schon während des Zweiten Weltkrieges vom Markt. Der von den Nazi propagierte
KdF-Wagen" (VW Typ 1 Käfer") sollte nur etwa ein Drittel des Steyr
Baby" kosten.
FIAT war 1937 mit dem 508 Balilla" in der unteren Mittelklasse
präsent. Auch der ist für Arbeiter noch unerschwinglich gewesen. Das änderte sich
langsam, als 1936 der Fiat 500 Topolino" auf den Markt kam. Bevor dann der
Topolino" vom Fiat nuova 500 abgelöst werden konnte, welcher gegenwärtig so
erfolgreich vom Fiat 500 Trepiuno" zitiert wird, war ein konstruktiver
Zwischenschritt nötig.
Es ging darum, ein vollwertiges" Auto auf möglichst kurzen
Radstand zu stellen, das dennoch stattlicher und leistungsfähiger ist als die
Cyclecars", Bubble Cars", Roller- und Mopedautos der Nachkriegszeit.
Das war die Stunde des Fiat 600, der bei uns fast in Vergessenheit geraten
ist, aber als jugoslawischer Zastava, als Polski Fiat, ja sogar als spanischer Seat noch
präsent ist. Dennoch, der 500er aus dem Jahr 1957 ist der herausragende Star dieser Ära.
Das 500er-Häusel ist für sich eine hervorragende Konstruktion. Es wurde zur
Basis für den Steyr-Puch 500 und seine Derivate. Aus dem hatte man in Graz allerdings
einen richtigen" Viersitzer gemacht, dessen Technik der italienischen wohl
überlegen ist.
Das Ende dieser Geschichte wird vom kantigen Fiat 126 markiert, der als
Lizenzversion auch mit Puch-Motor auf dem Markt gewesen ist und als polnische Version noch
heute in Polen und Ungarn läuft.