21. Jänner 2025

Politik-Karaoke: Konsequenzen I


Ich habe schon erwähnt, daß ich es nicht bei Kritik belassen will, sondern ein paar Punkte zur Debatte stellen werde. Annahmen, über die unsere Arbeit sich auf die Höhe der Zeit schleppen könnte, denn da ist sie noch nicht. Welche Arbeit? Wissens- und Kulturarbeit.

Das schließt in meiner Sichtweise die Kunstpraxis ein. Im Bereich der Gegenwartskunst, gegenüber den Voluntary Arts, allgemein als „Hobbykunst“ bekannt. Derlei zu unterscheiden ist kulturpolitisches Basiswissen.



Evidenz, bevor alles im Web überschaubar wurde.

Es zählt zu den groben Versäumnissen des Kulturvölkchens, solche Kategorien nicht als verschiedene Genres zu kennen. Das heißt einerseits, auf dem Markt rennen Bastler und Kreative aller Arten um die Budgets, die der Gegenwartskunst und einem relevanten geistigen Leben gewidmet sind. Das bedeutet andrerseits, der kulturpolitische Diskurs ist da völlig diffus, was soliden Ergebnissen im Weg steht.

Kofinanzierungen des Bastelns und des kreativen Gestaltens wären dann eher aus dem Sozialbereich zu leisten. Der weitere Problembereich aus solcher Unschärfe tut sich auf, wo Leute in Politik und Verwaltung jenes Bildungsniveau vermissen lassen, das einen befähigen würde, diese Unterschiede zu sehen und zu verstehen.



Welche Debatte sollte gelingen, ohne solche Grundlagen zu kennen?

Der verstaubte Triptychon „Volkskultur, Hochkultur und freie Szene“ illustriert solche Kompetenzmängel und Diskursdefizite. Das Verwenden öffentlicher Gelder bleibt dabei im Unscharfen. Die mangelnde Differenzierung korrumpiert den kulturpolitischen Diskurs und die kulturpolitische Praxis.

Wenn nun der Begriff Hochkultur eigentlich ins Museum geschoben werden sollte, verändert sich völlig, was die Formulierung „freie Szene“ an Kontext und Subtext hat. Zumal in dieser „Szene“ gerne übergangen wird, daß eine Kulturinitiative mit Infrastruktur und womöglich Personal, wo sie nur durch staatliche Kofinanzierung existieren kann, keine freie oder autonome Initiative ist, sondern ein staatsnaher Betrieb.

Wir haben mindestens seit der Arbeit von Jeff Bernanrd und danach den Sektor3-Diskursen der IG Kultur Österreich gute Grundlagen zur Klärung, was mit „Initiativen-Szene“ heute gemeint ist. Dazu würde ich auch Texte von Manfred Mixner beachten, die den Anfängen des Forum Stadtpark und jener Ära gewidmet sind.



Seit über 20 Jahren in keiner Bibliothek...

Wer kulturpolitische Anliegen und Forderungen vertritt, sollte sich dieser Debatte längst gewidmet haben. Dazu kommt, daß ein völlig korrumpierter Volkskulturbegriff im Umlauf ist. Hat nicht die Unterhaltungsindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg in einem kühnen Schwung dieses Genre bewirtschaftet und dabei astronomische Geldbeträge bewegt?

Um es zurückhaltend auszudrücken: Es ist zu einer rasanten Ausdifferenzierung dessen gekommen, was heute unter dem Begriff Volkskultur sortiert wird. Wo aber steirisches Kulturbudget diesem Genre zugeteilt wird, sollten wenigstens wir, das Kulturvölkchen, eine aktuell brauchbare Vorstellung haben, was alles unter dieser Flagge gefahren wird und was davon weshalb im engeren Sinn als förderungswürdig gelten sollte. Von dieser Debatte kann ich in meinem Umfeld keine Spuren entdecken. [Fortsetzung folgt!]

+) Kulturpolitik

Postskriptum

+) Zur Frage, was die Genres Gegenwartskunst und Voluntary Arts unterscheidet, siehe den Essay von Archipel-Obfrau Monika Lafer: „Voluntary Arts"!
+) Zur Frage, was wir im Archipel unter Volkskultur verstehen, siehe meinen Essay „Volkskultur 4.0“!


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