10. Jänner 2025

Wo sind meine Verbündeten?


Einer der österreichischen Klassiker geht so: In der zweiten Dezemberwoche hagelt es plötzlich eine Reihe von Unfallmeldungen aus dem Straßenverkehr, wobei frischer Schneefall als Problem-Ursache genannt wird. Oh! Schnee! Und das mitten im Winter!

Ähnlich erlebe ich die gerade aufbrausende Ömpörung rund um die Wahlerfolge der FPÖ. So als wäre das vom Himmel gefallen und nicht schon über Jahre zunehmend sichtbar geworden. Wer spätestens in den Corona-Jahren nicht bemerkt hat, welchen Schub an Zuwendung Kickl und Konsorten erfahren haben, sollte vielleicht einmal ärztlichen Rat einholen, Womöglich gibt es da ein Problem mit der Wahrnehmung.



Post von einem politischen Genie aus dem Raum Gleisdorf.

Ich erinnere mich noch gut an ein Arbeitsgespräch in der Gleisdorfer Kirchtavern. Dazu hatte ich einige Bücher aus meiner Bibliothek mitgebracht, um anschaulich zu machen, daß ganz Europa seit den 1980er Jahren eine Neue Rechte kennengelernt hat. Dieses Milieu ging äußerst strategisch und smart vor, was spätestens Anfang der 1990er schon gut untersucht und in veröffentlichten Arbeiten dargestellt worden war.

Dann geschah etwas Irritierendes. Ein hiesiger Antifaschist, der wiederkehrend für einschlägige Veranstaltungen sorgt, schüttelte mit Blick auf meine Bücher den Kopf und sagte: „Das hab ich nicht gewußt.“ Im Anschluß fiel mir eine einheimische Großmeisterin der Behauptungspronographie bei einigen Überlegungen gleich mehrfach ins Wort, weil sie offenbar ihre gefühlten Ansichten zum Thema nicht mehr zurückhalten konnte.



In einer Demokratie darf man das. (Quelle: ORF)

Da schwante mir, daß ich mit den falschen Leuten zusammenhocke. Wer sich dem Neofaschismus entgegenstellen möchte, ist sofort mit einer zentralen Anforderung konfrontiert: Wissenserwerb, um Sachkenntnis aufzubauen. Sonst bleibt einem bloß der Boulevard, also jenes Polemisieren, in dem uns die Neue Rechte haushoch überlegen ist, weil diese Leute das seit über 40 Jahren konsequent entwickelt und verfeinert haben.

Nun also reichlich Ömpörung in meinem Umfeld, da absehbar ist, daß Herbert Kickl Österreichs Kanzler werden könnte. Diese Ömpörung muß, so weit ich sehe, jene Sachkenntnis und strategische Ausrüstung ersetzen, mit der auf solche Verhältnisse zu antworten wäre. Da lese ich momentan vor allem, was mir etwa eine Legion der Fiasko-Voyeure via Social Media mitzuteilen weiß.



...damit seine Partei den Weg gemeinsam gehen kann? (Quelle:ORF)

Aber ich finde kaum Hinweise, wie sich nun zum Beispiel ein politisch anwesendes und kompetentes Milieu in der Alltagspraxis bewegen möchte. Damit meine ich etwa Kultur- und Bildungpolitik an der Basis.

Wo FPÖ und ÖVP nun zusammengreifen, sind uns die Themen ja auf den Tisch gelegt worden. Einige Beispiele: Tradition und Moderne, Heimat und Patriotismus, Brauchtum und Volkskultur, Leitkultur in der Festung Österreich etc. Solche Genres stehen zur Debatte. Ausgezeichnet! Im Diskurs, was das sei, wovon hier die Rede ist, halte ich gerne mit. Wer noch? Wo sind denn meine Verbündeten, um diese politische und soziokulturelle Herausforderung anzunehmen? Ich suche noch!

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