Immerhin war ich bescheiden gewappnet. Im
Kühlschrank Cava, Uhudler Frizzante und
Weißburgunder. Dann wurde es um Mitternacht
aber diese bewährte Mischung aus Whiskey,
Dattelsirup und Milch, darauf nicht zu knapp
Eiswürfel. In meiner Nische ist Kälte eine
Geschmacksrichtung.
Außerdem denke
ich bei jeder kleinen Portion Packeis in
einem meiner Gläser an Ernest Shackleton. Er
hat nicht vor der Welt geglänzt, sondern für
seine Crew in finsterer Nacht und
peinigender Kälte ein Licht hochgehalten.
Nichts weiter. Sowas gefällt mir.
Ich
weiß, das Trommeln gehört zum Geschäft und
man kann sein Brot kaum verdienen, wenn man
die Geschäfte vernachlässigt. Aber wie viele
hab ich im Kulturbereich heute vor der Nase,
die haben das Trommeln zu ihrem Geschäft
gemacht, den Rest an Möglichkeiten
aufgegeben. So war das freilich nicht
gemeint.
Ich hatte mir den gestrigen Nachmittag
die Arbeitszeit noch mit Pausen und
Kabarett gestaltet. Von da nahm ich ein
Zitat des Michael Niavarani mit. Er
sagte in „Schlageranfall“ zu Fragen der
Political Correctness, Wokeness
inklusive:
„Wir wollen niemanden
verletzen. Steht ja an jeder Ecke einer,
der drauf wartet, daß er beleidigt sein
kann. Aber aus tiefstem Herzen, meine
Damen und Herren, ganz ehrlich. Wenn
sich jemand von unseren Witzen verletz
fühlt, wenn er gekränkt ist, dann...
Bleibns daham!“
Trommeln als
Geschäft. Ömpörung als Beschäftigung.
Das sind ja unanfechtbare Tätigkeiten.
Ich grüble schon geraume Zeit, wie sich
dieses Genre bezeichnen ließe, damit ich
mich davon deutlich absetzen kann, ohne
anmaßend oder beleidigend zu wirken.
Ich seh mich da mit einer
Klugscheißer-Brigade konfrontiert,
die auch im Kulturbereich für einen
unübersehbaren Rechtsruck gesorgt hat.
Ministranten des Irrationalen.
Tänzerinnen einer staunenswerten
Behauptungspornografie. Freilich im
Wesen nichts, was ich nicht auf dem
Boulevard schon erlebt hätte.
Was dabei im Kern vorgeht, hat die
geistreiche Heidi Kastner in eine
Frage gepackt:
„Wollen Sie
diskutieren oder recht haben?“
Der Unterschied zwischen
Erkenntnissuche und Dominanz-Pose
sollte klar sein. Doch zugegeben, es
ist mir mittlerweile fast egal. Ich
wurde nicht beauftragt die Welt zu
retten.
Der Punkt ist: Ich
suche Verbündete, anstatt nach
Gegnern Ausschau zu halten. Es ist
keine Mühe zu lernen, wie man
Menschen bedroht. Das hat in unserer
Kultur hohen Rang. Ich halte es
dagegen für anregender, Wege zu
finden, wie man Menschen gewinnt.
Dabei gibt es ohnehin kein Gedränge,
wenn man sich vom Boulevard
fernhält. Und sonst? Das wird sich
weisen! Noch ein anregendes Zitat,
diesmal aus meiner gestrigen
Lektüre:
„absence of evidence
ain't evidence of absence.“
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