21. Dezember 2024

Perspektive und Fluchtpunkt


Zugegeben, da hab ich jetzt selbst den Anflug einer Komplexitätskrise. Also muß ich das schrittweise zusammenbauen. Da wäre nun der Ingenieur. Weshalb habe ich mich bemüht, einen erfahrenen Architekten in das Projekt Mythos Puch hereinzuholen? Die Tatsache, daß er ein virtuoser Zeichner ist, macht nur einen der Gründe aus.

Weshalb lese ich für Mythos Puch in der Bibel nach und wälze dann Geschichtsbücher? Josef von Nazaret, Jesu Ziehvater, war nicht einfach Zimmermann. Er war ein Tekton. Klar? Klar! Nein. Da fehlt noch, daß man in der Antike den Boss des versierten Bauhandwerkers Arkhitekton genannt hat. Ich komme so langsam zum Thema Perspektive und Fluchtpunkt...



Zeichenblock statt Tablet: Architekt Joachim Karner.

Advent! Ochs und Esel sind in der Weihnachtskrippe eine Art Zugabe geworden. (In der Bibel kamen sie da noch nicht vor.) Was hat das mit unserem Projekt zu tun? Ochsen sind Berge an Kraft, aber sehr langsam. Pferde waren der Menschheit erste radikale „Tempomaschinen“.

Neben den Ochsen als Zugtiere kann man gemächlich hergehen. Bei einem Gaul nur bedingt. Der Mensch konnte sich als Reiter in hohem Tempo ganz gut auf die Instinkte des Pferdes verlassen. Später, bei einem schnellen Automobil, wurde es dagegen nötig, daß der Reiter sein perspektivisches Sehen ausreichend trainiert, um mit der Karre nicht unterzugehen. (Ich versichere Ihnen, auf einem Motorrad wird die Fahrbahn bei 220 Sachen sehr schmal und man fährt besser höchst vorausschauend.)



Haus mit zwei Fluchtpunkten (By Ag2gaeh, CC BY-SA 4.0)

Aber Puch!
Ich meine, die Historie der Offroadfahrzeuge beginnt im Grunde mit der Feldartillerie. (Die Streitwagen der Antike lasse ich hier beiseite.) Mobilität und Tempo, um Einheiten samt adäquater Bewaffnung sehr schnell verlegen zu können, erwies sich in unzähligen Schlachten entscheidend. Ich meine, der Urahn des Puch G war demnach eine Meisterleistung von Wagnern und Stellmachern, die den Napoleonischen Kriegen deutliche Wendungen gaben.

Dann die „Autler“ mit ihrer „Gaskrankheit“. Im Jahr 1905 hat die Behörde Nummerntafeln ausgegeben und gesetzlich vorgeschrieben,m daß Kraftfahrzeuge registriert werden müssen. Zu viele „Herrenfahrer“ hatten in ihrem „Tempowahn“ Probleme verursacht, Unfälle herbeigeführt. (Und das in Zeiten, da waren 40 Km/h für Autos schon ein hohes Tempo.)



Wagenbau: Vordergestellt mit Drehschemel-Lenkung
(Moritz Rühlmann: "Allgemeine Maschinenlehre", 1877).

Das Vorausschauen, das perspektivische Sehen... Da bin ich nun beim Architekten und bei einigen Grundlagen. Als mir Joachim Karner nicht nur erklärte, sondern auch zeichnete, was ein „Tiefenfluchtpunkt“ sei, hab ich es geahnt, aber noch immer nicht ganz verstanden. (Daran muß ich arbeiten.)

Ich werde also nicht nur bei Filippo Brunelleschi nachschlagen, sondern auch Norman Bel Geddes. Nein, Sie müssen sich derlei nicht merken. Ich aber muß es genauer wissen, um unsere kommende Ausstellung inhaltlich adäquat zu unterfüttern.

Ochsen, Pferde, Esel, das steckt in dieser Erzählung drinnen. Die langsamen Ochsen, die rennerten Pferde und die bockigen Esel. Dann aber die Mechanisierung der Welt und das Abrunden der Moderne im Großen Krieg von 1914. Danach hatte sich die Zweite Industrielle Revolution in einer gewaltigen Automatisierungswelle durchgesetzt. Der Puch G ist ein Produkt dieser Ära im Umbruch zur Dritten Industriellen Revolution, als die „Rechenschieber-Ingenieure“ plötzlich programmierbare Taschenrechner zur Hand hatten.

+) Mythos Puch: Raum und Raumüberwindung

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