25. Oktober 2024

Wege des Ethos

Ich hatte im Herbst des Jahres 2023 notiert: „Wir haben nun, im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, mehr als dringend zu klären, was mit diesem Begriff bezeichnet werden kann.”

Das galt der Themenleiste “Helden” (Zu einer laufenden Debatte.) Ich bin dann in der inhaltlichen Arbeit mit regionalen Akteuren vorerst nicht vorangekommen. Das mag ganz wesentlich an mir liegen, denn wenn es um so wuchtige Themen geht, ist mir allenfalls schlampiger Aktionismus ein Greuel. Mein Motto laute da unabdingbar: “Inhalte, Inhalte, Inhalte!”

Das kann beispielweise bedeuten, daß ich klare Ansprüche an eine wenigstens kursorische Kenntnis der Zeitgeschichte habe. Was das 20. Jahrhundert angeht, den Großen Krieg, den Faschismus und danach den Kalten Krieg, sind uns ja keine Geheimnisse geblieben.


Wer da inhaltlich herumstümpert, treibt mich in die Flucht. Der halbgebildete Spießer, wie er mit Gefühltem an so ein Sache herangeht, ist ja genauso ein Wegbereiter des Neofaschismus wie der ideologisch aufgekratze vaterländische Eiferer.

Übrigens, ich verwende diese Begriffe so, daß bei mir Faschismus für den historischen Teil dieser Ideologie und Praxis steht, während ich Neofaschismus auf heutige Varianten anwende. Vor allem auch, weil ich Mussolini und Hitler, wie sie nebst Stalin auf der politischen Bühne Erfolge hatten, in ganz anderen Rahmenbedingungen sehe, als die Kräfte des heutigen Neofaschismus.

Hinzu kommt, daß ich, um absolut ruinöse Klagsdrohhungen zu vermeiden, österreichische Akteure des Neofaschimsmus nicht so bezeichnen kann, weil eine solche Zuschreibung durch das Verbotsgesetz als strafbarer Tatbestnd bewertet würde.

Das käme mich teuer zu stehen, falls ich nicht beweisen kann, was ich behaupte. Beweisen. Ich sähe mich zum Beispiel nicht in der Lage, etwa einem Parlamentarier vor Gericht zu beweisen, daß er ein Neofaschist ist. (Der materielle Aufwand und die dazu nötige Arbeit wäre enorm.)

Leute, mit denen ich mich bisher in der Region zu diesen Fragen verständigt habe, erwiesen sich teilweise als großspurige Maulhelden, die nicht einmal in der Lage sind, einen stichhaltigen historischen Befund zu den Hintergründen der heutigen Situation abzugeben. Solche Couch-Demokraten stehlen einem nur die Zeit.

Ich blicke daher nun einmal in den historischen Zusammenhängen weiter zurück. Auf welche ethnischen Konzepte sind wir gestützt, um zu klären, wer sich anmaßt, Mitmenschen zu Gegenmenschen herabzuwürdigen? Welche Kodizes erweisen sich aktuell als wirkmächtig und haben eventuell lange Vorgeschichten?

Oder auch: auf welchen Wegen haben wir unseren Ethos entwickelt? (Wir? Unseren?) Sind schon die zehn Gebote aus dem Alten Testament in erheblichen Konsequenzen wirksam, so erscheint mir die neutestamentarische Bergpredigt (Matttäus 5,1 bis 7,29) als ein Werk, das man heute eher unterschätzt.

Wenn man allein beachtet, wie viele uns vertraute Redensarten bei genauerem Hinsehen sich als Zitat aus der Bergpredigt erweisen, ahnt man, mit welcher Wirkung wir es da zu tun bekommen.

Ich hab mich oft daran gestoßen, daß jemand eher bedenkenlos von „abendländischen Werten“ quasselt, auch von „Werten des christlichen Abendlandes“, mitunter sogar von so einem schwachen ideologischen Konstrukt wie der „Leitkultur“, ohne genauer darzulegen, was damit eigentlich gemeint sei. Meine Empfehlung: Lesen Sie die Bergpredigt!

+) Helden (Zu einer laufenden Debatte.)


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