Gelegentlich scheint es, als wäre die Steiermark eine Art
Raumstation, weit weg von aller Zivilisation, mancher Unbill
eher hilflos ausgesetzt. Aber man ja kann für alle Fälle
beim Raumfahrtzentrum anrufen und vielleicht weiß dort
jemand Rat. Männer, wir haben ein Problem! (Und manche von
uns sind eines.)
„Nach derzeitigem
Ermittlungsstand dürfte der Mann mehrere Schüsse aus der
legal besessenen Langwaffe auf eine 23-jährige Angestellte
der Kanzlei abgegeben haben. Die Frau wurde tödlich
getroffen. Im Anschluss dürfte der 29-Jährige die Waffe
gegen sich selbst gerichtet haben.“ [Quelle]
Die Motive des Mannes scheren mich nicht,
denn weder bin ich ein Exekutivorgan, noch
ein Richter. Aber welcher Aspekt an dieser
Geschichte betrifft uns alle und Männer ganz
speziell? Was ich eingangs ein Problem
nannte, bezieht sich auf diese
vorherrschende Männerkultur, die – ähnlich
so manchen nationalen Mythen – gerne als
gegeben betrachtet wird. Mumpitz!
Das
sind gelebte Übereinkünfte, teils aus
soliden Interessenlagen abgeleitet. Daran
hat sich vieles unter anderem deshalb
verfestigen können, weil es an offenen,
öffentlichen, ausreichend energischen
Einwänden fehlt. Ich bin überzeugt, daß
nichts die Seele so sehr schändet wie das
Töten. Wer auf solche Art ein Leben nimmt,
begeht einen ultimativen Zivilisationsbruch,
treibt Menschenverachtung auf die Spitze.
Ein junger Mann kann also eine subjektiv
empfundene Kränkung bloß mit Mord
beantworten. Unter anderem, weil er offenbar
grundsätzlich keine Vision hat, aus seinem
Leben noch etwas zu machen, indem er eine
Kränkung, Trennung oder was auch immer
hinter sich läßt. Das könnten ja immerhin
bis zu 60 weitere Jahre werden, in denen man
sich selbst mehrmals neu erfinden mag. Er
aber nicht.
(Quelle: Kleine Zeitung)
Der junge Mann, ein One Trick Pony. Er
hat nur das zur Verfügung, diesen einen
Entwurf. Wer ihm den zerstört, muß mit
ihm sterben. War es so? Es könnte so
gewesen sein. Und das, genau das, ist
eine exemplarische Manifestation unserer
vorherrschenden Männerkultur, die für
viele Frauen zur tödlichen Bedrohung
wird, falls sie nicht fügsam sind.
Wenn ich Motive des aktuellen Täters
ignoriere, dann unter anderem deshalb,
weil es uns gelingen sollte, die
Kategorien Schuld und Verantwortung zu
unterscheiden. (Für die Schuld anderer
bin ich nicht zuständig.) Was heißt das?
Der junge Mann hat in seinem Akt der
Auslöschung zwei Spitzenwerte in einem
Aufwaschen unterstrichen.
Die
Steiermark ist in den Genres Femizid und
Suizid gleichermaßen herausragend. Im
staatlichen Bericht „Suizid und
Suizidprävention in Österreich“ von 2023
wurde vermerkt:
„Im
Fünf-Jahres-Durchschnitt finden sich die
höchsten Suizidraten in Kärnten und in
der Steiermark.“
Der Großinquisitor und
Konsorten...
Waltraud Fischer titelte im Oktober
2023:
„Die Steiermark ist das
Femizid-Bundesland Nummer 1“. Da
hieß es dann etwa:
„Zehn von 22
österreichischen Femiziden wurden in der
Steiermark verübt.“ [
Quelle]
Ich möchte betonen: Das ist unter
anderem eine kulturelle und politische
Problemlage, die wir als Bevölkerung zu
verantworten haben. Da sehe ich nun über
den individuellen Täter hinweg und
frage, was von zivilgesellschaftlicher
Seite kommen könnte/sollte, um solche
Tendenz mindestens einzudämmen und auf
kultureller Ebene zu blockieren.
Screenshot aus dem Film "Lohn
der Angst".