4. Juli 2024

Blick in den Rückspiegel


Wie kurios, daß ich in letzter Zeit wieder öfter Empfehlungen zu hören bekomme, die ein wenig wie Warnungen klingen. Ja, das ist riskant, wenn man die Hierarchien in unserer republikanischen Gesellschaft eher ignoriert. Aber wieso eigentlich?

Na, weil man mir krumm nehmen könnte, was ich nicht bloß sage, sondern auch schriftlich festhalte und publiziere. (Dabei ist hier nicht Nordkorea.) Ich hätte eigentlich erwartet, daß ich in meinem und von meinem Milieu ermutigt werde, Klartext zu bevorzugen. Aber nein, ich werde gewarnt.



Der Diskurs hat ja stattgefunden; eventuell weitgehend ohne uns.

In jungen Jahren hätte mich das sehr aufgebracht. Heute nehme ich das schulterzuckend zur Kenntnis. Die letzten 20 Jahre waren davon geprägt, die letzten zehn besonders. Daß es Freelancers im Kulturbereich nämlich nachteilig zu spüren bekommen, wenn sie sich als nicht ausreichend fügsam erweisen. Es ist schlecht fürs Geschäft.

Aber es kann doch nicht sein, daß ich hier der einzige Kulturschaffende bin, der sich daran stößt, wenn zum Beispiel viele primäre Kräfte hinter Funktionstragenden aus Politik und Verwaltung herdackeln.

Ich erinnere mich gut an die Posen einiger Großmäuler in meiner regionalen Umgebung, da kommt jetzt, wo allerhand Klärungsbedarf bestünde, überhaupt nichts, außer feuilletonistisch verbrämtes Geschnatter. Auch egal! Der Status quo ist eben, wie er ist.



IT-Experte Jürgen Kapeller..

Ich hatte zu all dem gestern ein anregendes Gespräch mit dem Unternehmer Jürgen Kapeller. Der IT-Spezialist ist, was den steirischen Kulturbetrieb angeht, keineswegs ahnungslos. Wir hatten im Jahr 2000 den Server kultur.at zum Brummen gebracht und in der Folge etliche Jahre spannende Dinge gemacht. Kapeller hat noch wie vor ein Auge aufs Genre.

Der Mann sagt unaufgeregt: „Die freie Szene gibt es nicht.“ Das sind wir völlig d'accord, denn daraus entwickelte sich eine trübe Kategorie. Es gibt längst keinen Diskurs mehr darüber, was ein autonom geführtes Projekt von einem staatsnahen Betrieb unterscheidet.

Wo Verwaltungsleute die primären Kräfte um sich scharen und letztlich die Themen vorgeben, werde ich nicht erfahren können, was sich denn woher nun wie entwickelt hat, denn es gibt zu viele gute Gründe, das ganze Geschehen gefällig zu ordnen und die Dokumentationen wie Hagiografien zu gestalten.



Die gründliche Arbeit aus dem Semiotik-Department.

Ich hab nun ein Bücherbrett leergeräunt und such erst einmal aus meiner Bibliothek zusammen, was ich an tauglicher Literatur behalten hab. Texte, die von derlei Angelegenheiten handeln. Den wesentlichen Grundstein bildet dabei seine zweibändige Studie von Jeff Bernard, die 1990 publiziert wurde. Dem folgten verschiedene kulturpolitische Schriften, die ich für relevant halte.

Ich erinnere mich, daß noch bis rund um 2000 Diskurse geführt und Texte publiziert wurden. Dann verebbte die Bereitschaft, das Genre auf der Metaebene zu begleiten, merklich. Heute geben, wie mir scheint, in all dem vor allem Landesbedienstete den Ton an. Das finde ich etwas gruselig.

Es wäre also aktuell zu klären, wer und was wir sind, wo wir angekommen sind und was das mit der nahen Zukunft zu tun hat. Ich hab übrigens heute auch eine eigene Politik-Leiste aufgemacht. Für mich ist das Schreiben ja zu allererst eine Mnemotechnik, mit der ich mir selbst ein Thema aneigne und mein Wissen vertiefe. Alles andere folgt dieser Option...

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