26. April 2024

Nach rund 200 Jahren...

Ich bin eben mit Fotograf Richard Mayr unterwegs, um Kooperationsmöglichkeiten zu erkunden. Wir haben jüngst in einer Reihe von Arbeitsgesprächen das Thema „Wasser, Salz und Eisen“ debattiert.

Es geht im Kern um den Ausgang der Steiermark aus den engen Bindungen der alten agrarischen Welt. Dieser Winkel der alpinen, waldreichen Zone prägte einst Wirtschaftsformen, durch welche die Steiermark (im Vergleich zu anderen Gegenden) eher rückständig blieb, also auch ärmlicher.


Freilich waren Salz und Eisenerz schon früh Grundlagen anderer Metiers und ein Anlaß, den Handel zu entwickeln. (Der war für Massengüter damals auf Wasserwege angewiesen.) Mit den Umbrüchen durch die Erste Industrielle Revolution taten sich neue Möglichkeiten auf. Freilich nicht wie von selbst.

Auf dem ersten Foto sehen Sie hier Erzherzog Johann von Österreich. Diese Büste steht in der Wirtschaftskammer in Graz. Der geistreiche und sehr wohlhabende Aristokrat hatte zum Beginn des 19. Jahrhunderts Großbritannien bereist und einen umfassenden Know how-Transfer in Gang gesetzt.

So entwickelte sich ab 1815/1816 ein Prozeß, in dem heimische Talente Arbeitsbedingungen und Tätigkeitsfelder fanden, in denen ihre Kompetenzen wirksam werden konnten. Das hatte seinen Hintergrund in einem radikalen Großereignis, das die Welt veränderte.


Am 5. April 1815 begann eine Eruptionsphase des Vulkans Tambora in Indonesien, dessen großer Ausbruch dann eine weltweite Klimakatastrophe verursachte. Es kam zu Mißernten, Hungerepidemien, auch zu einem enormen Pferdesterben, weil diese Tiere in direkter Nahrungskonkurrenz zum Menschen stehen.

Zitat: „Die finalen Detonationen waren noch auf Sumatra zu hören, in mehr als 2600 km Entfernung! Die Energie, die bei den Eruptionen freigesetzt wurde entsprach dem 170.000-fachen der Hiroshima-Atombome. Die atmosphärischen Druckwellen wurden noch in 15.000 km Entfernung registriert.“ (Quelle: „Tambora - Das Jahr ohne Sommer“)

Dieses Pferdesterben bedeutete unter anderem einen katastrophalen Verlust von Zugkraft in der Wirtschaft. Das sind einige Zusammenhänge, die man als treibende Kräfte verstehen kann, technische Lösungen zu forcieren, um auf derlei Probleme zu reagieren.


Die umfangreichen und detaillierten Reisenotizen des Johann von Österreich, die optimierten Dampfmaschinen von James Watt, die Systematisierung von Wissens- und Kompetenzgewinn... Das steirische Joanneum wurde als Schau- und Lehrsammlung gegründet, daraus ging die Technische Universität Graz hervor, an der Nikola Tesla ebenso Wissen suchte, wie etwa Franz Pichler, der „Elektrische Franzl“, und andere inspirierte Leute sich Know how holten.

Genau das sind Kräftespiele, die wir auch in der Gegenwart finden können, weshalb ich gerne betone: Provinz heißt nicht zwingend provinziell. Das wollen wir im vormaligen Lagerhaus, dem Kernstück des „Archipel Gleisdorf“ zum Thema machen, um es mit verschiedenen Mitteln, auch jenen der Gegenwartskunst, zu bearbeiten.

+) Wasser, Salz und Eisen (Debatte in Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft)
++) Kontext: Archipel Gleisdorf


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