Dazu kommt, daß die Kategorie „Freizeit“ ein
junges Phänomen ist. Diese Trennung von
„Zeit für sich“ hier und Arbeitszeit da,
gesichert und bezahlt, kennen wir noch nicht
lange. Außerdem wurde in den meisten Fällen
gearbeitet, bis man es nicht mehr konnte.
„In Pension gehen“ ist auch ein junges
Konzept.
Ich wollte nun genauer
wissen, wie wir zum Begriff „Pension“
gekommen sind, soweit er nicht grade einen
Beherbergungsbetrieb bezeichnet, sondern
einen regelmäßig ausgefolgten Geldbetrag zur
Altersversorgung.
Das kam, weil
kürzlich jemand zu mir sagte:
„Du bist
ja Pensionist, oder?“ Meine Antwort:
„Nein, ich bin Autor.“ Und wäre ich nicht
Künstler, seit Jahrzehnten Freelancer, wäre
meine Antwort:
„Nein, ich bin
Privatier.“
Hanna Schygulla, eine Pensionistin?
Wohl eher nicht.
Der Begriff „die Pension“ meint bei uns
in dem Zusammenhang einerseits das Geld,
andrerseits die Zeit nach einem aktiven
Erwerbsleben, meint den „Ruhestand“. Da
viele Menschen erleben, daß sie erst
dann eine Zeit erhöhter Selbstbestimmung
haben, regt das zu Aktivitäten an, die
mit dem Bonmot „Unruhestand“ bezeichnet
werden. Das ist hierzulande in
auffallender Weise identitätsbildend.
In dem Zusammenhang hatte ich früher
schon einmal nach dem Unterschied
zwischen „a.D.“ = „außer Dienst“ und
„iR“ = „im Ruhestand“ gefragt. Kurz
gesagt, die Außerdienstleute erinnern
uns mit diesem Kürzel daran, daß sie ein
Amt innehatten, von dem man wissen
sollte, auch wenn sie längst was anderes
tun.
Übergänge? Kontraste und
Kontinuitäten.
Die Ministerin a.D. ist demnach eine
gewesene Ministerin. Der Generalleutnant
a.D. war ein solcher, ist es nicht mehr.
Derlei Statusformen betreffen Leute, die
entweder ihr Amt temporär ruhend
gestellt haben, oder einen anderen Job
machen, wahlweise eine bestimmte
Altersgrenze erreicht haben und aus dem
Broterwerb ausgestiegen sind.
Dann sind Leute i.R., also im Ruhestand,
können aber mit dem Fragmentchen „a.D.“
auf die Frage verweisen:
„Wissen Sie
eigentlich, wer ich gewesen bin?“
Das sollte natürlich
„was ich
gewesen bin“ heißen. Doch wenn ein
Amt zum Teil der eigenen Identität
wurde, dann zählt eben nicht das
Was,
sondern das
Wer.
Mit dem
Wort
Pension, so lese ich, sei
im Frankreich des 15. Jahrhunderts ein
Gehalt oder Ruhegehalt bezeichnet
worden. Im Italien jener Zeit habe la
pēnsio eine Zahlung, beziehungsweise
Auszahlung bezeichnet. [Wird
fortgesetzt!]
+) Siehe
dazu auch: "
Von
alten Säcken und einigem Drumherum"!