25. März 2024
Kultur-Schnorrer II
Vor dem Vorhang sind die ersten Reaktionen auf meine
gestrige Glosse noch moderat, backstage etwas expliziter.
Ich darf festhalten, daß wir, das Kulturvölkchen, offenbar
nicht gerüstet sind, möglichst unaufgeregt einen
kulturpolitischen Diskurs zu führen. Einen öffentlichen
kulturpolitischen Diskurs, wie er einer Res publica würdig
wäre, der auch etwas Dauer erlangt.
Ich denke, wir
haben den Weg vom Untertan zur Bürgerin, zum Bürger, noch
nicht gar so weit beschritten. In der alten Welt mit ihrer
ständischen Gesellschaft war streng geregelt, welchen
Verlauf Unmut nehmen durfte: von oben nach unten,
keinesfalls umgekehrt. Unmut, der von unten nach oben laut
würde, wäre als Rebellion gedeutet und hart sanktioniert
worden.
Kein Problem, hochrangige Werke zu
trivialisieren. Sie wechsel dadurch bloß in
ein anderes Genre.
Gleisdorf ist in der Sache ein historische
gefärbter Ort. Am Rennfeld, so heute noch
eine Gleisdorfer Ortsbezeichnung, wurde
einst ein Bauernheer geschlagen. Das ging
auf eine Revolte zurück, die ein maßloser
Aristokrat verursacht hatte, weil der
bäuerlichen Gesellschaft von ihm viel zu
viel genommen worden war. Und heute?
Es ist bemerkenswert, wie mir seit Jahren
aus den eigenen Reihen Argwohn
entgegenkommt, wo ich Probleme meines
Berufsstandes anspreche. Ich bin Künstler.
Das ist mein Beruf. Es ist durchaus
fordernd, in diesem Metier sein Brot zu
verdienen. Sie werden also verzeihen müssen,
daß ich mich wenigstens um aktuelle Klarheit
bemühe, was die Branche ausmacht.
Man muß sich an Regeln der Kunst nicht halten, sollte sie
aber kennen.
Es geht um die Rahmenbedingungen und die
Marktsituation von Kunstpraxis. Es geht
um konsequente Wissens- und Kulturarbeit
innerhalb eines Gemeinwesens, während
quer durchs Land der Boulevard immer
breiter wird. Aber weshalb behängen
Leute den Boulevard mit der Flagge der
Kunst. Wozu? Es dreht sich dabei
natürlich um Ressourcen; und zwar
materielle wie immaterielle. Das meint
also nicht bloß Gelder, sondern auch
Publikations- wie
Auftrittsmöglichkeiten, geeignete Räume,
Sichtbarkeit, Sozialprestige, das
Augenmerk von Politik und Presse etc.
Leistungsaustausch hat eben sehr
verschiedene Währungen. Mich
interessiert es aus vielleicht
begreiflichen Gründen, ob sich dabei
jemand durch Etikettenschwindel Vorteile
verschafft, durch Falschmünzerei
beiträgt, den Kulturbetrieb zu
korrumpieren. Daher müssen wir über
Begriffe und Kriterien reden können,
ohne daß ich gleich Zurufe erhalte,
solche Debatten seien müßig.
Und wenn es bloß für ein
kurzes Feuerwerk reicht?
Nur so läßt sich klären, unter
welcher Flagge jemand segelt. Dabei soll
es mir recht sein, wenn jemand auf
höherem Qualitätslevel als ich mehr
Erfolg hat als ich. Dazu kann ich Ihnen
ein Geheimnis verraten: Was anderen
gelingt, festigt den Boden, auf dem auch
ich existiere. Das funktioniert so
sicher wie der Papst katholisch und das
Wasser naß ist. [Wird
fortgesetzt!] +)
Kulturpolitik
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