24. März 2024

Kultur-Schnorrer I

Ich gehe mit Zitaten sparsam um, aber das folgende des Forschers Gunnar Heinsohn ist so sehr auf dem Punkt, daß mir in solcher Kürze nichts besseres einfällt: „Um Brot wird gebettelt, um Rang wird geschossen“. (Machen Sie sich ihre eigenes Bild, wie sich Hunger und Geltungsdrang zueinander verhalten mögen!)

Es eignet sich jeder gesellschaftliche Bereich als Bühne, auf der sich Menschen bei Bedarf produzieren, um ihr Selbstwertgefühl aufzubrezeln; freilich auch auf Kosten anderer. Den Kulturbetrieb kenne ich davon am besten.

Hier läßt sich eine bemerkenswerte Progression feststellen. Im Kielwasser der Weltwirtschaftskrise, die von den USA 2008/2009 losgetreten wurde, ist spätestens 2010 bei uns eine Schockwelle ausgelöst worden, die sich in radikalen Reformschritten äußerte. Verwaltungsreform, Doppelbudget, schließlich Gemeindezusammenlegungen etc.



Wen schert schon ein soziokultureller Scherbenhaufen?

Im Kulturbetrieb konnte man das noch eine Weile besser ignorieren als etwa im Sozialbereich. Aber ab 2015 war unübersehbar, wie hart unser Milieu getroffen worden war. Ab da konnten wir in unseren Kreisen einen sozialen Klimawandel erleben, der die „Szenen“ bis heute durchwirkt. (Es ist stellenweise sehr eisig geworden.)

Ich kann mich an keine Beispiele erinnern, wo es von der zivilgesellschaftlichen Basis her auffallende Solidaritätsakte gegeben hätte, die über eher enge räumliche und zeitliche Grenzen hinausgegangen wären. Ich finde es andrerseits verblüffend, wie sehr Kunst- und Kulturschaffende sich abschnittweise vor allem der Verwaltung angedient haben, die ihrerseits natürlich vorherrschender Politik zuarbeitet, um den ganzen Laden stabil zu kriegen.

Aber da wedelt doch der Schwanz mit dem Hund. Oder? Okay, das steht in solider kulturgeschichtlicher Tradition. Selbst Immanuel Kant hat sich einst bei seinem Landesfürsten sehr höflich bedankt, daß er seine Schriften veröffentlichen durfte. Auch Leonardo wußte sich der Aristokratie verpflichtet und verbeugte sich artig. Und wir... Das hat eben alles noch seine Wirkung.



Man ist besser gerüstet, so manche Träne zu trocknen!

Mein Großvater Richard diente einem Kaiser, mein Vater Hubert einem Tyrannen, ich bin ein Mann der Republik. In drei Generationen vom Untertan zum Bürger mit seinen Bürgerrechten, da blieb einfach vieles noch unerledigt.

Nun ist aber mein Berufsfeld gerade seit 2015 verstärkt durch Schnorrer belastet worden, die abholen, nehmen, aber nichts bis sehr wenig einbringen. Deren Intentionen kann man erkunden, auch wenn sie meist als verdeckte Intentionen gehandhabt werden. Menschen, die sich aus dem Kulturbereich einigen Gewinn erwarten, weil sie anderen Gewinn in ihrem ursprünglichen Metier nicht mehr lukrieren können.

Einerseits allerhand stümpernde Stutzer und malende Matronen, andrerseits Behelfslyriker und Klischee-Klempner, doch auch lächelnde Lakaien und funkensprühende Funktionäre mit Begabten-Schals, stolzierende Statisten, Diskurs-Simulanten und und und.



Wenn es dafür eine taugliche Maschine gäbe...

Solche Teile des Kulturvölkchens wehren sich gewöhnlich gegen kritische Diskurse, pflegen allerhand Varianten des guten alten Intellektuellenhasses, der in den 1930ern eine Blüte entfaltete und nie mehr verschwand.

Manche dieser Konsorten haben keine Hemmung, den Boulevard zu verbreitern, am zerstören von Grundvertrauen mitzuwirken, einen effizienten Obskurantismus zu stärken, auch Desinformation zu bedienen, um an materielle und immateriell Güter des Kulturbetriebs zu gelangen. Kultur-Schnorrer, denen völlig egal zu sein scheint, was sie damit am Gemeinwesen bewirken. [Wird fortgesetzt!]

+) Kulturpolitik


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