Wovon handelt Semantik? Vom Zusammenhang
zwischen dem, was mit Worten bezeichnet
wird, und dem Wort, mit dem man es
bezeichnet. Zum Beispiel: Was ist der
Zusammenhang zwischen dem Gegenstand, den
wir Tisch nennen, und dem Wort Tisch?
Allerhand an Konfusionen, durch die wir
so manche kulturpolitische Problemlage
haben, kommt aus der Unschärfe, welche
Genres wir salopp mit dem Wort Kunst
belegen. Deshalb sollten wir wenigstens grob
zwischen der Gegenwartskunst, dem
Kunsthandwerk und den Voluntary Arts
unterscheiden können.
Sonst kennt
sich überhaupt niemand aus, worüber
gesprochen wird. Wir können so auch nicht
redlich verhandeln, wofür Ressourcen
eingesetzt werden sollen, soweit sie vom
Gemeinwesen aufgebracht werden. Privat
können Sie ja gerne tun, was sie wollen, die
Dinge benennen, wie es Ihnen gefällt. Aber
im Gemeinwesen sind wir auf andere Standards
angewiesen, sonst bliebe uns nur das
Faustrecht.
Von wem wäre da die Rede? (Grafik: Heinz
Payer)
Damit meine ich: Wir können Kriterien
diskutieren und festlegen, Maßstäbe,
welchen wir derzeit hohes Gewicht geben.
Dazu können wir Diskursregeln
vereinbaren, die verbindlich sind, bis
sie in einem breiteren Konsens von
anderen Diskursregeln abgelöst werden.
Oder wir akzeptieren ein „Recht des
Stärkeren“. Dann setzt sich eben durch,
wer am härtesten zuschlägt, respektive
über die Machtmittel verfügt, das
Verhalten anderer Menschen zu steuern.
Es gibt seit über zweitausend Jahren
Regeln der Kunst, die schriftlich
überliefert sind. Sie ändern sich
freilich durch die Zeiten, sobald sie
neu verhandelt werden. Was derzeit als
breit anerkannt gilt, nennt man
„kanonisiert“. Der aktuelle Kunstkanon
ergibt sich aus den laufenden Debatten
sehr verschiedener Kräfte.
Die Kunstbegriffe, eine
ewige Baustelle. Was sonst?
Eine Beispiel. Gehen Sie davon aus,
daß zu Lebzeiten Goethes nicht Goethe
der populärste deutschsprachige Autor
war. Freilich wissen wir heute nicht
mehr, wer damals en vogue gewesen ist,
außer wir studieren Publikationen jener
Zeit. Die einstigen Größen sind
vergessen. Aber Goethe gilt inzwischen
als kanonisierter Autor, was heißt, sein
literarischer Rang steht außer Streit.
Oder wer wollte heute Leonardo in Frage
stellen, der seine Malerei selbst nur
unter „ferner liefen“ nannte, wenn er
sich bei einem Fürsten um Arbeit bewarb?
Sie können das alles ignorieren, so
lange Sie nicht auf dem Kunstmark
reüssieren wollen, öffentliche Gelder
lukrieren möchten. oder sich in einen
öffentlichen Kunstdiskurs einbringen.
Wenn Sie sich aber in Sachen Kunst
exponieren, sollten Sie Ihre Gründe
nennen können.
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