4. März 2024

Tagesgeschäfte

Freilich hab ich auf den Film „Ferrari“ von Michael Mann gewartet. Dann war ich von der Langeweile irritiert, die mich mehr als eine halbe Stunde im Genick hatte. Langatmige Familienszenen mit Dialogen, in denen allerhand Momente vorhersehbar waren.

Immerhin Adam Driver und Penelope Cruz. Aber wie sich die Frauengeschichten exponierter Männer auf eine Ehe auswirken mögen, ergibt ein eigenes Filmgenre, das mich grade nicht rasend interessiert.

Immerhin gab es zwischendurch schöne alte Autos zu sehen. Das bisherige Oeuvre von Regisseur Mann bietet freilich auch keinerlei Hinweise, daß ihm Tempo auf Straßen liegen würde. Da liegt nämlich spätestens seit 1971 die Latte hoch. (Genau! Steve McQueen in „Le Mans“.) Ich meckere mir das von der Seele, weil ich dennoch durchgehalten hab.

Das lohnte sich für eine besondere Sequenz mit Avvocato Agnelli. Fiat-Boss Giovanni Agnelli war nicht wirklich praktizierender Advokat, sondern dies sein Spitznamen. Aber das abgeschlossene Jus-Studium hätte diesen Weg zugelassen.


Ferrari telefoniert mit Agnelli. Es geht um benötigte Finanzmittel, auch um die Möglichkeit, Ferraris Deal mit Ford zu vermeiden. Angesichts einer früheren Differenz, an die Ferrari erinnert. sagt Agnelli: „Im Geschäft ist jeder Tag ein neuer Tag.“

Ich versteh das zu gut, weil ich gerade wieder einmal lerne, Differenzen in geschäftlichen Fragen erstens nicht persönlich zu nehmen und zweitens hinter mir zu lassen. Naja, lernen ist vielleicht übertrieben. Ich übe es.

Das Geschäftliche hat derzeit in meinem Alltag eine Dynamik, die mir als Dauerzustand sehr mißfallen würde. Meeting über Meeting, Schlußfolgerungen, nächste Aufgaben, Konzeptarbeit, die pressiert...

Ich erlebe kontrastreich, welches Tempo in so manchen Alltagsbetrieben liegt, welches mir ein gründliches Erarbeiten von Inhalten zunehmend erschweren, beizeiten blockieren würde. Das bedeutet, ich brauche zwischendurch Stille, um nachdenken zu können, recherchieren zu können, formulieren zu können, wenn sich Klarheiten abzeichnen.


An meinem Verstand kann es nicht liegen, daß es nur langsam geht. Der ist sehr leistungsfähig. Es muß an den Projekten selbst liegen, daß man sie eher gründlich oder eher flott abarbeiten kann. Freilich habe ich öfter gehört, ich wäre zu tiefgründig bis grüblerisch, man könne und müsse sogar mit zugigeren Modi zurechtkommen.

Ich hab noch so eine Fachkraft des Regionalmanagements im Ohr, die vor Jahren mit Nachdruck betonte, ich möge ihr etwas „Knackiges“ liefern. Knackig kann in meinem Leben der Salat sein, auch Karotten sind dazu geeignet. Aber meine Arbeit ist nicht auf Knackigkeit abgestellt.

Ich versichere Ihnen, so sehen dann wenigstens im Bereich Kunst & Kultur die Ergebnisse der „Knackigkeit“ auch oft aus. Der Krempel wird mit Duftmarken versehen, mit den Begriffen „Kunst“ und „Kultur“ besprüht.

Wenn ich darlege, warum und nach welchen Kriterien ich bloß Ramsch sehe, hab ich Ärger am Hals. Aber wie L'avvocato Agnelli im Film sagte: „Im Geschäft ist jeder Tag ein neuer Tag.“ Man sollte die Zumutungen von gestern vergessen können.

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