30. Dezember 2023

Palästina und das Geplapper XII

Es ist völlig nahliegend, daß Menschen Abscheu vor Kriegshandlungen äußern. Wer könnte denn und weshalb Gefallen an Waffengängen finden? Ferner halte ich es für evident, daß es keine „sauberen“ und auch keine „gerechten“ Kriege gibt, daß Kriegshandlungen zu Verbrechen führen.

Davor kann man die Augen verschließen, falls man nicht betroffen ist. Aber wer sollte mit Freude auf ein Schlachtfeld ziehen? Ich meine, dieses Bild verdankt sich bloß der Propaganda. Wenn man Ausnahmen findet, dann wohl nur solche, die keine besondere zeitliche Ausdehnung haben.

Ich hielte es für naiv, sich einen „gerechten Krieg“ zurechtzuträumen, der überdies frei von Menschenrechtsverletzungen bliebe. Die Menschheitsgeschichte bietet uns zu dieser Phantasie meines Wissens kein einiges Beispiel. Ich ziehe es vor, mir über die Ultima Ratio der Konflikte keinerlei Illusionen zu machen.


Wäre eventuell noch anzumerken, daß sexualisierte Gewalt, in der Hauptsache gegen Frauen, ebenso mit Kriegshandlungen verknüpft ist, wie Schnellfeuergewehre oder Handgranaten. Genau all das spricht ja für die Forderung, daß Freischaren nicht geduldet werden dürfen, daß nur reguläre Armeen in Frage kommen, um Waffengänge abzustellen.

Und daß wir internationale Institutionen brauchen, um ein Monitoring für Kriegshandlungen sicherzustellen, eine Strafverfolgung von Kriegsverbechen ebenso. Wer mir nun heute erzählt, daß Israel im Gaza Kriegsverbrechen begeht, sagt mir etwas wie „das Wasser ist naß“ oder „der Papst ist katholisch“. Danke für die Nachricht! Ich gehe davon aus, daß so was geschieht. Dazu brauche ich nicht erst Reporter vor Ort.

Wer ein besseres und vor allem praktikableres Konzept kennt, um Waffengänge abzustellen, ich bin ganz Ohr! (Ich meine: besser als eine reguläre Armee.) Ich lasse mich gerne überraschen. Ich hoffe, wir können uns wenigstens einigen, daß Gefechte nicht nur die kämpfenden Truppen brutalisieren, sondern diesen Effekt auch auf die jeweils zugehörige Zivilbevölkerung haben.


Wer das noch nicht kapiert hat, möge sich auf Stand bringen. So hat der Untergang Jugoslawiens dafür genug Zeugnisse geliefert, die teilweise auch gut dokumentiert sind. Als Beispiele können Sie sich etwa nach Büchern von Slavenka Drakulic, Dzevad Karahasan oder Dubravka Ugresic umsehen. Berichte aus dem „Weißen Haus“ des Foltercamps in Omarska und andere Dokumente belegen die Grausamkeiten abseits der Schlachtfelder.

Die aktuelle Situation
Ich hege keinen Zweifel, daß Menschenrechtsverletzung vorkommen, so lange Israel sein Breitschwert gegen die Hamas schwingt. Israel wird sich wohl auch nicht nehmen lassen, gegen die Hisbollah Waffengänge durchzuführen, wenn deren Aktivitäten zunehmen.

Das alles brauchen Sie mir nicht zu erzählen, ich weiß es. Und zur Frage, wie man das abstellt, kann ich nicht viel beitragen, außer diesen Gedanken: Die Hamas muß die Waffen niederlegen, dann ist dieser Spuk vorbei. Es bleiben den Gaza-Leuten ohnehin genug andere Probleme, die gelöst werden müssen.

Wie kann ich das so sagen? Ich hab es hier schon betont. Wir kennen Beispiele. Die IRA mußte ihre Waffen niederlegen, die baskische ETA mußte ihre Waffen niederlegen, auch die kosovarische UCK, einige Zeit davor schon die jugoslawischen Partisanen, alle mußten die Waffen zum Schweigen bringen, um politischen Lösungen den Weg frei machen. Damit Staaten entstehen können oder Bestand haben.



Projektnotiz aus der 37. Kalenderwoche 2001, der Woche von Nine Eleven.

Das betont unter anderem die Bedeutung regulärer Armeen als Exekutivkräfte im Zusammenhang mit den Gewaltmonopol, das auch wir dem Staat übergeben haben. Ich kenne zwar Konzepte wie das von Gene Sharp, aber ich sehe im Moment nicht, welche Alternative wer auch immer dem Staat Israel derzeit vorschlagen möchte.

Der wohlfeile Ruf „Die Waffen nieder!“ wird vermutlich zu Israel nicht durchdringen, solange die Hamas und die Hisbollah Angriffe durchführen, den jüdischen Staat attackieren. Oder? Wer weiß es besser? Wie lautet die bessere Nachricht?

Ich gebe nichts auf ein schlampiges österreichisches Räsonieren, während wir selbst nicht einmal ausreichend gerüstet sind, den eigenen gesetzlichen Auftrag zum Schutz von Österreichs Territorium und Neutralität zu bewältigen. Österreich ist ein sicherheitspolitisches Protektorat der Nato und der USA.

Ich glaube nicht, daß die Gewalt endet, solange Hamas und Hisbollah in Waffen stehen. Ich sehe nicht, daß wir (wir nun: die Völkergemeinschaft) der Region und dem Staat Israel irgendetwas anzubieten haben, was Schutz und Gewaltverzicht garantiert. Ich gehe davon aus, so lange wir den jüdischen Menschen nichts derartiges anbieten können, werden sie uns derweil nicht zuhören, werden das Problem nach eigener Facon bearbeiten.

+) Palästina