10. Dezember 2023

Wochenend-Schicht

Ich brauche sehr viel Stille. Ich bekomme sie auch. Welche Annehmlichkeit, daß die Kälte vor der Tür bleibt, mein Weinvorrat noch vorhält und mein Lauf der Dinge sich in einer Schlüssigkeit ereignet, die mir großes Vergnügen macht.

Einen Teil dieser Stille verwende ich auf die Lektüre der Geschichte von Graz, die ab der Kupferzeit beschrieben werden kann. Vor allem die politischen Kräftespiele des Mittelalters sind so radikal und weitreichend, daß man unter anderem auch die Entwicklung der Oststeiermark besser versteht, wenn man diese Historie beachtet.

Ich finde es dabei bestürzend, wie unbedeutend Subalterne waren, Untertanen, die sich für ihre Herrschaft krummzulegen hatten. Mit dem Historiker Werner Strahalm, einem der beiden Autoren des Buches saß ich eben am gemeinsamen Tisch, weil wir mit Fotograf Richard Mayr ein Vorhaben zu bearbeiten haben.



"Graz" (Die Stadtgeschichte) von Werner Strahalm & Peter Laukhardt

Ein Pas de deux zweier sehr unterschiedlicher Männer, Mayr und ich, die ihre Eindrücke und Erfahrungen in völlig verschiedenen Codes zusammentragen. Wir sind beide mit EDV-Werkzeugen vertraut, um unsere Arbeit zu tun. Da ist viel Computertechnik im Spiel. Aber etliche Dinge müssen ganz physisch werden. Greifbar. Anschaulich im Raum.

So hat Mayr einen ersten Prototyp gebaut, in die Maßen des kommenden Buches, hat auch ein paar Doppelseiten gestaltet, damit wir besser sehen, was wir uns vorstellen. Ich sitze zwischendurch mit unzähligen Blättern da, mit einer ersten Auswahl der Gedichte, was einen hinreichenden Überhang verlangt, denn ich werde etliches davon rausschmeißen.

Im Hin und Her der sich ändernden Reihenfolge sehe ich dann, welche Gedichte nicht dazugehören. Darüber brüten wir später noch beide, um den Dialog von Text und Bild abzustimmen, zu präzisieren. Layout und Satz werden schließlich Mayr und Strahalm besorgen..



Richard Mayr (links) und Werner Strahalm.

Ich erzähle das so ausführlich, weil das eine magische Praxis ist; auf dem Weg zur Druckvorstufe. Bis dann die Fertigungsstraße die womöglich in Folie eingeschweißten Bücher raushaut, bin ich schon woanders.

Manche mögen von den Situationen mit oder vor Publikum träumen. Das ist für mich ein Teil des Jobs, aber nicht der wichtigste. Die Magie liegt in diesem Werden davor. Wenn man Eindrücke verarbeitet, Texte verfaßt und nach einer Weile feststellen kann, daß etliche der geschriebenen Gedichte etwas taugen.

Sobald es dann in diesen nächsten Abschnitt geht, der Entscheidungen verlangt, die ein Buch erst möglich machen, das alles ist Magie. Gut, ich nehme zur Kenntnis, daß diese keine Ära ist, in dem das Buch als kulturelles Phänomen besonders gefeiert würde. Aber das war es ohnehin im Rahmen breiter gesellschaftlicher Konsensfindung noch nie.



Prototyp des kommenden Buches.

Ich erlebe sogar Bildungsbürger, die sich in Kontroversen wie Barbaren benehmen. Keine Ahnung, was in solchen Köpfen vorgeht. Seit ich lesen kann, kenne ich die Begeisterung für Literatur bloß als ein Nischenereignis. Geht man aus solchen Nischen heraus, ist es ganz staunenswert, wer sich alles in einer Praxis der Intellektuellenfeindlichkeit übt.

Mich schert das nicht. Es hat mich niemand zu einem Exekutivbeamten in Sachen Weltrettung berufen. Ich hab reichlich zu tun, in einer Nische des relevanten geistigen Lebens für angemessene Umgangsformen zu sorgen. Und für Inhalte, Inhalte, Inhalte. Die Barbaren spielen da keine Rolle.

+) Raum der Poesie


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Wie mich Heiz Payer bei meiner Arbeit sieht:

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