Meine diesbezügliche Faustregel hat zwei
Paragraphen. §1: Mentalitätsgeschichte ist
unglaublich zäh. Daraus folgt §2: Drei bis
vier Generationen reichen keinesfalls, um
die Untertanen aus uns rauszukriegen.
Wer meint, auf solche Kenntnisse
verzichten zu dürfen, wird eventuell bei den
simplen Bildern von vaterländischen Kräften
landen, bei Rechtsradikalen, oder bei
anderen Obskurantisten. Sowas boomt derzeit
im Raum Gleisdorf. Aber da dieses Problem im
Rathaus hauptsächlich weggelächelt wird, muß
ich mich damit augenblicklich nicht aus dem
Fenster lehnen.
Der Florianiplatz war
in meiner Wahrnehmung lange Zeit auch der
Ort, an dem das Echo einer ständischen
Gesellschaft sich halten konnte. Aus
aktuellem Anlaß hab ich mein Wissen darüber
aufgebügelt und ergänzt.
Wer sich
schon einmal für die steirische
Siedlungsgeschichte und die alte agrarische
Welt interessiert hat, kann am Begriff
Allmende nicht vorbeigekommen sein. Das ist
gemeinschaftliches Grundeigentum, in den
einstigen Dörfern den Bauern vorbehalten.
Wozu diese Betonung? Der Bauer und
schließlich der Bürger waren auf sehr
konkrete Standes-Konzepte gegründet. Dem
gegenüber gab es eine Menge von
Kleinhäuslern und Subalternen aller Arten,
die einen anderen Rechtsstatus hatten.
Das hat im Kern mit dem Marktrecht und
mit Stadterhebungen zu tun. Karl Kaser
und Karl Stocker haben das in ihrem
zweibändigen Werk über das bäuerliche
Leben in der Oststeiermark thematisiert.
Da hieß es ferner über die alten
Dorfgemeinschaften, es habe
ungeschriebene Gesetze gegeben.
Wer die brach, mußte deshalb nicht vor
Gericht, sondern stellte sich damit
außerhalb der Gemeinschaft. Damit setzte
man sich damals zwangsläufig auf eine
Liste der bedrohten Arten. Ich sehe das
- vereinfacht - so: Unmut konnte von
oben nach unten ausgelebt werden, nicht
umgekehrt. (Die seltenen Hungerrevolten
und Bauernaufstände ausgenommen.)
Thomas Kada notierte dazu in unserer
Korrespondenz:
„Da musst du
differenzieren. Grundsätzlich stimmt
das. Aber wenn du Stadt oder
Marktbewohner warst hat dich bis zur
Zeit Maria Theresias der Staat völlig
unbehelligt gelassen. Da musstes du dich
lediglich mit deinesgleichen keilen. Als
einer Grundherrschaft untertäniger
Dorfbewohner sah die Geschichte
natürlich anders aus...“
Was ich bisher nicht wußte, fand ich nun in
seiner Arbeit
„Der Streit um die steirischen
Gemeinweiden in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts“. Darin erklärt Kada die Herkunft
des Begriffs Gemeinde.
Zitat:
„Die synonym
verwendeten Begriffe 'Allmend' und 'Gemain',
bezeichnen jene Institutionen welche im
anglo-amerikanischen Sprachraum 'Commons'
genannt werden. Im Wesentlichen handelt es sich
dabei um Objekte, welche durch eine Gruppe von
Berechtigten gemeinschaftlich genutzt werden.“
Für unser Thema interessant:
„Im Raum der
heutigen Steiermark war für die Allmende der
Begriff Gemain (Gemeinde, Gmein, Gmoan)
gebräuchlich. Es handelte sich dabei um
Dorfflure, welche der gemeinschaftlichen Nutzung
vorbehalten waren,...“+)
Florianiplatz
(Notizen)