Als mein Sohn kürzlich geheiratet hat, habe
ich kurz davor mit ihm und meiner
Schwiegertochter ein launiges Gespräch über
Varianten eines endenden Lebens geführt.
Gabriel ist dabei eher zurückhaltend,
Michaela von einer unverblümten Neugier.
Ich finde es gut, daß wir über diese
Dinge heiter reden können. Ich finde es
unverzichtbar, daß die Jungen wissen, woran
sie sind. Es bleibt so oder so fordernd
genug, die Alten aus dem Leben zu begleiten.
Ich bin ziemlich sicher, daß ich, wenn
es soweit ist, leichten Herzens gehen werde,
da sehr viele gute Jahre hinter mir liegen.
Zugleich kommen mir Gedanken daran ziemlich
skurril vor. Ich vermute, das Leben ist
nicht dafür eingerichtet, sein Ende in
Betracht zu ziehen.
Ich bin in eine
Zeit voller sehr interessanter Aufgaben
verwoben, übrigens: alle selbstgewählt. Das
könnte nun 200 Jahre so weitergehen. Doch
falls ich noch 20 Jahre bekomme, hätte ich
es gut erwischt. Nein, ich muß mir darüber
nicht den Kopf zerbrechen, weil es nämlich
einerlei ist. 20 oder 200 Jahre?
Das ist gleichermaßen abstrakt. Mir
reicht völlig, daß meine Youngsters
wissen können: Es darf im Grunde
jederzeit enden, weil es über so viele
Jahrzehnte ein sehr selbstbestimmtes
Leben war, voller interessanter Momente.
Der Fluß des Anregenden hat kein
bestimmtes Zeitfenster und ich hab keine
Vorstellung davon, mit welcher Dauer
diese Kategorie „verbleibende Zeit“
belegt sein sollte. Alles, was ich habe,
ist meine Faszination für
Folgerichtigkeit.
Ich tue
augenblicklich (und Tag für Tag) Dinge,
die gedacht sind, etwas Relevantes nach
sich zu ziehen. Das ist übrigens
ziemlich genau, was im Buddhismus unter
Karma verstanden wird. Folgerichtigkeit.
Alles hat Konsequenzen. Nichts ist egal.
Es zielt nicht in eine spezielle
Zukunft, leuchtet keinen Zeitrahmen aus,
der vor mir läge. Es ist eher die
Konzentration auf Möglichkeiten einer
grundlegenden Folgerichtigkeit, die in
eine beliebige Zukunft hineinreichen
kann.