26. November 2023

Nichts ist egal!

Kürzlich hat Musiker Oliver Podesser die Welt verlassen. Nun eben Mari, die Frau von Publizist Gregor Mayer. Das sind mir inzwischen vertraute Momente. Dieser neuerdings nicht abreißende Fluß solcher Nachrichten.

Eben waren wir noch so jung, daß nur selten jemand aus unserer Mitte verschwand. Ich kann übrigens mit solchen Sätzen nichts anfangen: Die Einschläge kommen näher. Ich bevorzuge ein ganz anderes Bild. Mehr so im Sinn von: Eine Lebensgeschichte verebbt.

Ich bin schon etliche Zeit älter als es mein Vater es je geworden ist. Das halte ich für eine große Annehmlichkeit, zumal ich in einem Land lebe, welches mir mehr Freiheit, Sicherheit und Wohlstand bieten kann als viele andere Länder.


Als mein Sohn kürzlich geheiratet hat, habe ich kurz davor mit ihm und meiner Schwiegertochter ein launiges Gespräch über Varianten eines endenden Lebens geführt. Gabriel ist dabei eher zurückhaltend, Michaela von einer unverblümten Neugier.

Ich finde es gut, daß wir über diese Dinge heiter reden können. Ich finde es unverzichtbar, daß die Jungen wissen, woran sie sind. Es bleibt so oder so fordernd genug, die Alten aus dem Leben zu begleiten.

Ich bin ziemlich sicher, daß ich, wenn es soweit ist, leichten Herzens gehen werde, da sehr viele gute Jahre hinter mir liegen. Zugleich kommen mir Gedanken daran ziemlich skurril vor. Ich vermute, das Leben ist nicht dafür eingerichtet, sein Ende in Betracht zu ziehen.

Ich bin in eine Zeit voller sehr interessanter Aufgaben verwoben, übrigens: alle selbstgewählt. Das könnte nun 200 Jahre so weitergehen. Doch falls ich noch 20 Jahre bekomme, hätte ich es gut erwischt. Nein, ich muß mir darüber nicht den Kopf zerbrechen, weil es nämlich einerlei ist. 20 oder 200 Jahre?


Das ist gleichermaßen abstrakt. Mir reicht völlig, daß meine Youngsters wissen können: Es darf im Grunde jederzeit enden, weil es über so viele Jahrzehnte ein sehr selbstbestimmtes Leben war, voller interessanter Momente.

Der Fluß des Anregenden hat kein bestimmtes Zeitfenster und ich hab keine Vorstellung davon, mit welcher Dauer diese Kategorie „verbleibende Zeit“ belegt sein sollte. Alles, was ich habe, ist meine Faszination für Folgerichtigkeit.

Ich tue augenblicklich (und Tag für Tag) Dinge, die gedacht sind, etwas Relevantes nach sich zu ziehen. Das ist übrigens ziemlich genau, was im Buddhismus unter Karma verstanden wird. Folgerichtigkeit. Alles hat Konsequenzen. Nichts ist egal.

Es zielt nicht in eine spezielle Zukunft, leuchtet keinen Zeitrahmen aus, der vor mir läge. Es ist eher die Konzentration auf Möglichkeiten einer grundlegenden Folgerichtigkeit, die in eine beliebige Zukunft hineinreichen kann.