Kleiner Einschub: Wirtschaftliches Prekariat
ist kein akzeptabler Grund dafür, sondern
bloß ein Hinweis darauf, daß wir als EPU
ebenso riskante Bedingungen haben wie alle
Ein-Personen-Unternehmen. Wenn man es auf
dem Markt nicht schafft, geht man unter.
Wäre allenfalls noch zu verhandeln,
welche guten Gründe es gibt, daß eine
Gesellschaft nicht bloß soziale Arbeit,
sondern auch kulturelle Arbeit gut bezahlt.
Aber die IG Kultur Steiermark und ihre
Verbündeten halten mich nun schon Jahre hin,
mir ein Verhandlungskonzept dafür
offenzulegen. „Fair pay“ wird als Thema
immer wieder promotet, ich sehe aber keine
aktuellen Argumente, kein politisch
relevantes Konzept.
Wie erwähnt, wechselseitige Verpflichtungen und
Leistungsaustausch, davon ist die Kunst selbst
frei, Künstlerinnen und Künstler sind es aber
nicht. Klartext: die Freiheit der Kunst ist kein
Synonym für „Freiheit der Künstler“. Ich hab in
meiner gestrigen Notiz bloß das moralisches
Outsourcing zurückgewiesen, wie es sich manche
Spießer zu Lasten meiner Profession gönnen
möchten.
Als Künstler übernehme ich von
anderen Milieus keine derer Pflichten. Ich hab
meine eigenen. Wer Erhabenheit bevorzugt, wird
sich aus eigener Kraft darum bemühen müssen. Die
Kunst ist keine moralische Lehranstalt, keine
soziale Reparaturwerkstatt.
In der
Kunstpraxis geht es sehr wesentlich um
ästhetische Erfahrungen und um Erkenntnisgewinn.
Es geht um das Erforschen von Tätigkeitsformen
und Aspekten unseres Daseins, die nicht
zweckrationalen Zielen unterworfen sind, nicht
der Alltagsbewältigung dienen. Apropos! Ich
meine, Kunstpraxis dient vor allem auch dem
Erkunden der Conditio humana.
Professionalität hat etwas mit
Arbeitszeit zu tun.
Dabei klären wir stets neu, wer und was wir als
Menschen sein möchten. Das scheint mir auch sehr
wichtig und relevant, da uns seit geraumer Zeit
Maschinensysteme umgeben, die vieles können, was
bisher nur Menschen konnten; und manches davon
besser als Menschen.
Als Künstler bin ich
in sozialer Hinsicht mit den üblichen
Konventionen befaßt, wie sie auch alle anderen
Bürgerinnen und Bürger eines Gemeinwesens -
Mitmenschen, Mitbürgerinnen - kennen. Wer sich
dabei selbst zu einem „Sonderfall“ erklärt, zur
Individualistin, zum Exponenten der Abteilung
„Ich bin ein wenig verrückt“ oder
„Ich bin anders als die meisten“, hat
vermutlich den Ausgang aus der Pubertät noch
nicht gefunden.
Wer an der Kenntnis der eigenen
Kultur spart, engt sich ein.
Manche von uns gehen ganz spartenunabhängig
gelegentlich über Grenzen. Grenzüberschreitung
ist selbstverständlich auch ein kulturelles Gut.
Wie oben angedeutet, ich bestehe als Künstler
auf der Freiheit zu denken, zu sagen, zu tun,
was ich für relevant halte.
Aber ich
werde allfällige Konsequenzen tragen müssen. Ich
hab kein Problem mit jenen, die sich in unserem
Metier lieber als Heilige oder Priester
hervortun. Sie interessieren mich bloß nicht und
ich halte sie für kulturpolitisch irrelevant.